Präsidentschaft beginnt Montag Für diesen wilden Ritt mit Trump müssen wir uns rüsten
19.01.2025, 17:19 Uhr Artikel anhören
Es ist soweit: Donald Trump bekommt seine zweite Amtszeit.
(Foto: REUTERS)
An diesem Montag starten vier weitere Jahre Trump. Oh Schreck! Schon seine erste Amtszeit zwischen 2017 und 2021 hatte es in sich. Wird es diesmal genau so? Oder schlimmer? Und wie damit umgehen? Ein kleiner Politik-Ratgeber.
Donald Trump. Wie oft haben Sie diesen Namen in den vergangenen Jahren gelesen? Wie häufig über ihn gesprochen? Seine erneute Präsidentschaft als Istzustand anzunehmen, daran geht kein Weg vorbei. Glauben Sie, für weitere vier Jahre gerüstet zu sein? Genügend Distanz zu haben? Begrüßen Sie Trumps Präsidentschaft? In diesen Fällen: Viel Vergnügen beim wilden Ritt. Für die anderen gibt es verschiedene Möglichkeiten: Ignorieren. Schönreden. Filtern. Eintauchen. Zu jeder Möglichkeit ein paar Gedanken.
Aber zunächst die großen Themen, mit denen seine Präsidentschaft aller Voraussicht beginnen wird. Den Ukraine-Krieg möchte Trump loswerden und befrieden. Auch, weil die Hilfen den US-Haushalt belasten. Der künftige Staatschef hat angekündigt, Einwanderer ohne Aufenthaltsgenehmigung in großer Zahl abzuschieben. Er möchte Klimaverordnungen abschaffen, fossile Rohstoffförderung erleichtern, Steuern senken, die Anzahl der Staatsangestellten verkleinern, Einfuhrzölle einführen (und als internationales Druckmittel einsetzen), sowie die Südgrenze zu Mexiko so weit wie möglich abschotten.
US-Medien und Experten erwarten eine wahre Flut an Dekreten schon am Tag von Trumps Vereidigung am 20. Januar. Das ist Taktik, denn die gelten so lange, bis Gerichte sie wieder aussetzen. Aber das kann dauern. Für die Präsidentschaft insgesamt steht über allem die Frage, wie sehr Trump den Staatsapparat nach seinen Vorstellungen eines starken Mannes an der Spitze umformen wird. Anders gesagt: Halten die Kontrollmechanismen des Systems auch gegen die weitreichende Immunität, die der Supreme Court dem Weißen Haus zugesprochen hat? Vieles deutet darauf hin, dass Trump in seiner zweiten Amtszeit noch konsequenter schalten und walten kann als in seiner ersten.
Den Zirkus ignorieren oder schönreden
Wie also können Sie damit umgehen? Ignorieren, und zwar ab Montag, wenn der alte neue US-Präsident vereidigt wird, hieße einfach mal ein paar Jahre abschalten. Das brächte voraussichtlich einen gewissen Seelenfrieden, aber nur vorübergehend. Die Folgen reichen ohnehin bis nach Deutschland. Trump sitzt schimpfend auf der Schulter, steckt im Smartphone, macht sich unter Freunden breit.
Die Folge könnte sein, in ein paar Jahren in einer befremdlicheren Welt wieder einzuschalten, in der es schwerfällt, sich wieder einzufinden. Dass Trump die Normen und ihre Toleranzgrenzen ausweiten kann, inmitten des ganzen Zirkus, der um ihn veranstaltet wird, das hat er schon in seiner ersten Amtszeit gezeigt. Acht Jahre nach seinem Wahlsieg 2016 sind diese längst verschoben, und es dürfte noch extremer werden. Seine Fähigkeiten als Dompteur sind nicht eingerostet, das hat der Wahlkampf gezeigt.
Die Rechtsradikalen sind nicht nur in der Partei der Republikaner auf dem Vormarsch. Die USA sind Teil eines globalen Trends ihrer Enttabuisierung und zu mehr Autoritarismus. Sie werden sich durch Trump bestärkt fühlen und noch lauter werden.
Wäre Schönreden also besser? Eine verständliche Reaktion ist das, um sich weniger Sorgen und Stress auszusetzen. Schließlich macht das der Alltag schon genug. Realistisch dürfte aber auch das auf Dauer nicht sein. Außer, Sie sind mit seiner Politik oder Art einverstanden oder lassen sich von seinem Weg überzeugen. Aber Achtung: Nur weil die Gründe für Trumps Handeln verständlich sind, müssen seine Maßnahmen nicht akzeptabel sein.
Filtern ja, aber wie stark?
Auch Filtern ist möglich. Politik in den USA läuft anders, mit Trump und seinen Republikanern ohnehin. Auch wenn manches nach Klischee klingt, gibt es da wahre Kerne. Politik ist öffentlicher, lauter, ruppiger, meinungsstärker als in Deutschland. Da hilft nur Filtern. Auf Ergebnisse statt Ankündigungen achten, Vorkommnisse abwarten, statt sich von Säbelrasseln womöglich gar Angst machen zu lassen, und bei Trump und seinem Hang zu Verzerrungen und Lügen der vielleicht wichtigste Filter: hinterfragen statt akzeptieren.
Dies kann auch zum Eintauchen führen. Das ist ein sehr starker Filter, aber wer dafür Zeit hat, nur zu. Gründe gibt es genug. Während des Wahlkampfes gab es ein ständiges, verzerrendes Getrommel der Republikaner von negativen Behauptungen über den Zustand der USA, die mit Fakten nur teilweise zu tun hatten. Die Demokraten unterstrichen zugleich mit einer feinen, aber wahrnehmbaren Überheblichkeit vorrangig die von ihnen als positiv wahrgenommenen Entwicklungen. Dies dürfte sich unter Trump an der Macht größtenteils umkehren, so wie überall in der Politik, wenn Regierung und Opposition die Plätze tauschen.
Dabei kam es schon zu Verzerrungen, die als Beispiel taugen: Die Zahlen aufgegriffener Menschen an der Südgrenze haben sich etwa bereits deutlich verringert, seit Präsident Joe Biden ein Dekret mit Maßnahmen in Kraft setzte. Ihren Wahlkampf bestritten die Republikaner trotzdem mit einer angeblichen "Invasion" von Migranten. Auch ein Zusammenhang zwischen mehr Einwanderern ohne Aufenthaltsgenehmigung und größerem Ausmaß an Kriminalität - unter anderem damit begründen die Republikaner ihre Abschiebungspläne - existiert so nicht. In der Vergangenheit war laut Studien das Gegenteil der Fall.
Trump ist auch bekannt dafür, dass er Behauptungen aus seiner politisch-gesellschaftlichen Blase einfach ungeprüft weiterträgt. Ein Beispiel: Im TV-Duell gegen die Demokratin Kamala Harris beschuldigte er Einwanderer aus Haiti mit Nachdruck, sie äßen Hunde und Katzen. Das war pure Fiktion, die sich aber zuvor in rechten Gruppen verbreitet hatte. Er trug sie emotional weiter - vor Dutzenden Millionen Zuschauern im Wahlkampf.
Sie sind gerüstet!
Die Republikaner werden nun Erfolge herausstellen (mit denen sie nicht immer etwas zu tun haben werden) und bei Negativnachrichten auf die Demokraten zeigen. Die werden es andersherum tun und den Republikanern mitunter die schlimmsten Absichten unterstellen. Auch hierbei gibt es häufig einen wahrhaftigen Kern in der Sache, der aber zugespitzt und verzerrt weitergetragen wird. Beim Herausarbeiten helfen wir so gut wir können, keine Sorge. Es gibt also keinen Grund, einfach auf Ignorieren zu schalten. Sie sind ja für die kommenden vier Jahre gerüstet.
Quelle: ntv.de