Erhebliche Wirtschaftsprobleme Düsteres Bild vom Osten
24.09.2008, 22:08 UhrAuch knapp zwei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung sind Wirtschaft und Arbeitsmarkt in den neuen Ländern deutlich schlechter entwickelt als in Westdeutschland. "Der Osten steht noch nicht auf eigenen Beinen", sagte Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee bei der Vorlage es Berichts zur Deutschen Einheit. Es sei viel erreicht worden, aber es gebe auch noch viel zu tun, sagte der Beauftragte der Regierung für den Aufbau Ost.
Eine Angleichung der Lebensverhältnisse sei frühestens innerhalb der nächsten zehn Jahre möglich, sagte der Minister. Dazu seien neben dem bis dahin geltenden Solidarpakt II auch weitere Maßnahmen wie die Verlängerung der im kommenden Jahr auslaufenden Investitionszulagen bis 2013 notwendig.
Noch keine Rentenangleichung
Die von Tiefensee im aktuellen Bericht geplante Zusage zur vollen Anpassung der Ost-Renten an das Westniveau bis 2019 wurde von Bundeskanzlerin Angela Merkel zunächst wieder gestrichen. Die Koalition werde dieses Thema in den kommenden Monaten noch einmal gründlich beraten und dann auch entscheiden, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Bundesregierung und Koalition wollen kurzfristig noch 2008 eine Angleichung der Ost- an die Westrenten in Angriff nehmen und spätestens 2009 beschließen. Die Rentenfrage sei von großer Tragweite und nicht aus dem Stegreif zu entscheiden, so Wilhelm.
Derzeit erhalten ostdeutsche Rentner im Schnitt zehn Prozent weniger als vergleichbare Rentner im Westen. Eine Anhebung der Renten hätte zusätzliche Kosten für die Rentenversicherungen und damit möglicherweise höhere Beiträge von Unternehmen und Beschäftigten für die Rentenkassen zur Folge.
Äußerlich gebe es zwischen Ost und West keine Unterschiede mehr, sagte Tiefensee. Trotzdem fühlten sich die Menschen in den neuen Bundesländern als Bürger zweiter Klasse. Er bleibe daher bei seiner Forderung, schrittweise bis 2019 ein einheitliches Rentensystem einzuführen. Er unterstrich auch die Forderung der SPD, eine Angleichung der Löhne durch Schaffung eines Mindest-Stundenlohnes von 7,50 Euro vorzunehmen.
Viele Langzeitarbeitslose
Laut Regierungsbericht lag die Wirtschaftsleistung in Ostdeutschland pro Einwohner 2007 bei rund 70 Prozent des Westens. Die Arbeitslosigkeit ist zwar auf den niedrigsten Stand seit 1991 gesunken, aber mit derzeit 12,7 Prozent in Ostdeutschland noch mehr als doppelt so hoch wie in den alten Bundesländern. Der mit 40 Prozent hohe Anteil von Langzeitarbeitslosen sei ein besonderes Problem, sagte Tiefensee.
Die "Geißel der Langzeitarbeitslosigkeit" solle durch gezielte Maßnahmen am Arbeitsmarkt überwunden werden, sagte Tiefensee. Außerdem sollten Bildung, Forschung und Innovationen gezielt gefördert und die Wirtschaftsbeziehungen zu den osteuropäischen Nachbarn ausgebaut werden.
Viele Regionen verlieren massiv an Einwohnern. Nach Schätzungen des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung wird die Bevölkerungszahl in ländlichen Gebieten bis 2025 um mehr als 20 Prozent abnehmen. Dies bedeute nicht nur weniger Einkommenssteuern in den betroffenen Regionen, sondern auch weniger Gelder aus dem Solidarpakt, die sich an der Bevölkerungszahl orientierten, erklärte Tiefensee.
Quelle: ntv.de