Politik

Eieruhren und gelbe Flammen Bombenreste verraten viel

In Boston zeigen Ermittler Reste der Bomben.

In Boston zeigen Ermittler Reste der Bomben.

(Foto: Reuters)

Zwei Tage nach dem Anschlag von Boston versucht das FBI so viel wie möglich über die Bauweise der Bomben herauszufinden. Die Metallteile darin sagen etwas über den Täter aus, genauso wie die Farben von Flamme und Rauch, die auf Fernsehbildern dokumentiert sind. Ein Experte ist sich sicher, dass die Indizien ausreichen werden, um das Attentat aufzuklären.

Obwohl der Anschlag auf den Boston-Marathon vor laufenden Kameras stattfand und Tausende Sportfans an der Straße standen, tut sich das FBI schwer damit, eine vielversprechende Spur zu finden. Neben dem Auswerten von Videoaufnahmen und tausenden Fotos sind es derzeit vor allem die Überreste der Bombe, von denen sich die Ermittler Hinweise auf den oder die Täter erhoffen.

Und tatsächlich lassen sich anhand der Überreste des Sprengsatzes erste Vermutungen anstellen, welchen Hintergrund die Tat hat. "Wir reden über einen von Al-Kaida inspirierten, aber nicht geschulten Täter", zitiert der "Boston Globe" einen Analysten des Risikobewertungsunternehmens Exclusive Analysis, der weltweit politische Gewalttaten untersucht. Der Täter sei entweder in irgendeiner Weise im Bombenbau unterrichtet worden oder habe zumindest eigene Erfahrungen gemacht. "Es war kein Molotowcocktail", so der Experte, "aber auch keine Autobombe", sondern etwas dazwischen.

Bomben wie in Irak und Afghanistan

Der Zünder war wohl zeitgesteuert.

Der Zünder war wohl zeitgesteuert.

(Foto: Reuters)

Mehrere US-Medien verweisen auf eine Anleitung zum Bombenbau, die von Al-Kaida veröffentlicht wurde. In dem englischsprachigen Magazin "Inspire", das die Organisation herausgibt, erschien 2010 unter dem Titel "Wie man eine Bombe in Mutters Küche baut" eine explizite Schritt-für-Schritt-Anleitung mit Anweisungen und Grafiken. Die benötigten Materialien sind weltweit frei erhältlich, die Bomben von Boston entsprechen in vielen Details den Al-Kaida-Empfehlungen: ein Schnellkochtopf als druckresistentes Gefäß, handelsübliche Eieruhren als Zeitzünder, Nägel als Wirkungsverstärker. Die Explosionsfähigkeit der Konstruktion kann etwa durch das Pulver von Streichholzköpfen hergestellt werden.

Bomben dieser Bauart werden in Irak und Afghanistan häufig für Anschläge verwendet. Dass der Täter die Anleitung der Al-Kaida nutzte, ist aber eine Spekulation – ähnliche Anweisungen lassen sich im Internet vielfach finden. 2010 versuchte ein Einzeltäter mit einer ähnlichen Bombe einen Anschlag auf den Times Square in New York. Die Funktionsweise der Bombe, mit dem die deutsche Terrorzelle NSU 2004 einen Anschlag in Köln verübte, hatte im Prinzip dieselbe simple Funktionsweise.

"Die Nadel ist da"

An zwei Stellen unterscheidet sich die Bombe von der Al-Kaida-Anleitung: Zum einen verwendete der Attentäter wohl kein Steichholzpulver. Der Sender CNN zitiert einen Experten für Explosionen, der auf die gelbe Farbe der Flamme hinweist. Diese könnte durch Kohle oder einen anderen organischen Brennstoff wie Zucker hinweisen. Der weiße Rauch mache es unwahrscheinlich, dass ein militärischer Sprengstoff verwendet wurde. Dieser erzeuge in der Regel grauen oder schwarzen Rauch. Außerdem waren die sechs Liter fassenden Töpfe nicht nur mit Nägeln, sondern auch mit kleinen Stahlkugeln gefüllt ­– sogenannten "ball bearings" oder "BBs". Diese werden mit Luftgewehren oder -pistolen abgeschossen und ähneln den Kugeln in Kugellagern.

Die spezifische Beschaffenheit dieser Kugeln, die nun weit verstreut am Tatort zu finden sind, könnte Hinweise darauf geben, wo sie gekauft wurden, meldet CNN. Auch die schwarzen Rucksäcke, in denen sich die Töpfe befanden, könnten Hinweise geben. Die Bombenexperten des FBI sind nun dabei, anhand der Überbleibsel die Sprengsätze exakt nachzubauen, um weitere Schlüsse ziehen zu können – ebenso die Schaltplatine, die als Zeitzünder genutzt wurde.

"Man sucht nach der Nadel im Heuhaufen", sagte der Sprengstoffexperte Roy Parker dem "Boston Globe". "Aber die Nadel ist da." Und wenn man lange genug suche, werde man sie finden. "Dies ist kein unlösbarer Fall."

Quelle: ntv.de

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