Politik

Schwere Vorwürfe gegen Strauss-Kahn Festnahme mit Folgen

Die amerikanischen Boulevardblätter haben ihr Urteil schon gefällt.

Die amerikanischen Boulevardblätter haben ihr Urteil schon gefällt.

(Foto: REUTERS)

IWF-Chef Strauss-Kahn wird in New York festgenommen, die Anklage lautet auf sexuelle Nötigung, versuchte Vergewaltigung und Freiheitsberaubung. Schuldig oder unschuldig - für den IWF, für die französischen Sozialisten, für Griechenland und die Euro-Rettung insgesamt wird der Vorfall erhebliche Folgen haben. Der IWF betont, er sei voll handlungsfähig.

Der Chef des Internationalen Währungsfonds, Dominique Strauss-Kahn, ist in den USA wegen versuchter Vergewaltigung, sexueller Belästigung und Freiheitsberaubung angeklagt worden. Dem Franzosen werde vorgeworfen, eine Hotelangestellte sexuell bedrängt zu haben, teilte die Polizei in New York mit. In Frankreich, wo Strauss-Kahn als Kandidat für die Präsidentschaftswahl 2012 gehandelt wird, reagierte die Politik geschockt. Sein Anwalt erklärte, sein Mandant werde auf nicht schuldig plädieren. Auch seine Frau Anne Sinclair erklärte, sie sei überzeugt, dass die Unschuld ihres Mannes bewiesen werde.

Dominique Strauss-Kahn will auf "nicht schuldig" plädieren.

Dominique Strauss-Kahn will auf "nicht schuldig" plädieren.

(Foto: AP)

Der IWF-Chef wurde auf dem New Yorker John-F.-Kennedy-Flughafen wenige Minuten vor dem Abflug nach Paris von US-Beamten aus eine Air-France-Maschine geholt und festgenommen. Ihm werde vorgeworfen, ein 32-jähriges Zimmermädchen angegriffen und sexuell bedrängt zu haben, sagte ein Polizeisprecher. Laut Polizei sagte die Frau aus, der 62-Jährige habe sie belästigt, als er nackt aus der Dusche gekommen sei.

Sollte Strauss-Kahn wegen versuchter Vergewaltigung verurteilt werden, müsste er mit 15 bis 20 Jahren Haft rechnen. Auf Freiheitsberaubung stehen drei bis fünf Jahre Gefängnis.

Laut "New York Times" sagte die 32-Jährige, sie habe Strauss-Kahns Suite in dem Glauben betreten, dass diese leer sei. Während sie im Flur gearbeitet habe, sei der IWF-Chef nackt aus dem Badezimmer gekommen, habe sie ins Schlafzimmer aufs Bett gezogen und die Tür abgeschlossen. Das Zimmermädchen habe sich losgerissen, doch Strauss-Kahn habe sie ins Badezimmer gezerrt und sie ein zweites Mal sexuell bedrängt. Laut dem Fernsehsender MSNBC zwang er die Frau im Badezimmer zum Oralsex und versuchte, sie zu entkleiden. Schließlich konnte sie fliehen. Polizeikreisen zufolge verließ Strauss-Kahn das Hotel Sofitel überstürzt und lies dabei sein Handy liegen.

Das Sofitel liegt in der Nähe des Times Square.

Das Sofitel liegt in der Nähe des Times Square.

(Foto: AP)

Was immer in dem Hotelzimmer geschehen ist - die Vorgänge dürften schwerwiegende Folgen sowohl für den Fahrplan für die Eindämmung der Euro-Schuldenkrise als auch für den französischen Präsidentschaftswahlkampf haben. Strauss-Kahn gilt als möglicher Kandidat der Sozialisten. Er ist seit November 2007 Direktor des IWF, der über die Stabilität des internationalen Finanzsystems wacht.

Treffen mit Merkel fällt aus

"Die Affäre kommt zu einem schlechten Zeitpunkt", sagte ein EU-Diplomat in Brüssel mit Blick auf die Verhandlungen über das Hilfspaket für Portugal und mögliche neue Hilfen für Griechenland, an denen der IWF beteiligt ist. Strauss-Kahn sollte ursprünglich am Sonntag von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin empfangen werden.

An diesem Montag wollen die Euro-Finanzminister in Brüssel die Milliardenhilfen für Portugal billigen. Strauss-Kahn sollte an diesem Treffen teilnehmen. An dem Hilfspaket für Lissabon im Umfang von 78 Milliarden Euro beteiligt sich der IWF zu einem Drittel. In Brüssel soll auch die sich zuspitzende Lage in Griechenland erörtert werden. Nach Angaben von Diplomaten wird es aber keinen Beschluss über neue Hilfen für Athen geben. An dem vor einem Jahr zugesagten 110-Milliarden-Paket für Griechenland ist der IWF neben den Euro-Partnern ebenfalls zu einem Drittel mit im Boot.

Die New Yorker Polizei soll Strauss-Kahns Handy in seinem Hotelzimmer gefunden haben.

Die New Yorker Polizei soll Strauss-Kahns Handy in seinem Hotelzimmer gefunden haben.

(Foto: AP)

Vor möglichen neuen Griechenland-Hilfen wollen die obersten Kassenhüter der 17 Euro-Länder erst einmal auf Empfehlungen einer Überprüfungskommission von EU, IWF und Europäischer Zentralbank (EZB) warten. Die Bewertung soll bis Mitte Juni vorliegen. Es wird befürchtet, dass Griechenland nicht - wie geplant - im kommenden Jahr an die Kapitalmärkte zurückkehren kann. Erwartet wird, dass die Euro-Minister Athen zunächst zu weiteren Sparanstrengungen auffordern.

Griechenland wird nervös

Die Festnahme des IWF-Chefs sorgte auch im Athener Finanzministerium für Unruhe. Strauss-Kahn gilt wegen seines politischen Hintergrunds als ein Mann, der sich gut mit den in Griechenland regierenden Sozialisten versteht.

Ein hochrangiger griechischer Regierungsvertreter erklärte, kurzfristig werde die Umsetzung des Rettungsplans für das Land voraussichtlich leicht verzögert. Allerdings ändere dies nichts an der Entschlossenheit Griechenlands Sparauflagen umzusetzen. Derzeit wird eine Entscheidung erwartet, ob die Regierung in Athen die nächste Hilfstranche in Höhe von zwölf Milliarden Euro erhält. Ohne das Geld droht dem Euro-Land die Zahlungsunfähigkeit.

Griechische Medien berichteten, die Regierung solle Tafelsilber verkaufen und erstmals Beschäftigte von Staatsunternehmen entlassen. Beim Verkauf staatlicher Immobilien und bei Privatisierungen gehe es um mehr als 50 Milliarden Euro.

Französische Sozialisten schockiert

Die Chefin der französischen Sozialisten zeigte sich erschüttert von den Vorwürfen gegen Strauss-Kahn. Die Nachricht sei "ein Donnerschlag", sagte Martine Aubry. Sie mahnte, für den IWF-Chef müsse während der Ermittlungen die Unschuldsvermutung gelten.

Auch ein Sprecher von der Regierung von Präsident Nicolas Sarkozy warnte vor einer Vorverurteilung des IWF-Chefs. Umfragen zufolge lag "DSK", wie er in seiner Heimat genannt wird, in der Wählergunst zuletzt vor dem konservativen Amtsinhaber.

Machtvakuum im IWF befürchtet

John Lipsky übernimmt vorübergehend die Führung des IWF.

John Lipsky übernimmt vorübergehend die Führung des IWF.

(Foto: REUTERS)

Der IWF erklärte, die Organisation bleibe nach der Festnahme uneingeschränkt handlungsfähig. Ähnlich äußerte sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Internationale Beobachter bezweifelten dies indes und befürchten ein Machtvakuum - zumal der Vizechef des Fonds, John Lipsky, erst am Donnerstag erklärt hatte, mit Ablaufen seines Vertrages im August nicht für eine zweite Amtszeit zur Verfügung zu stehen. Strauss-Kahns Amtsperiode endet 2012.

Lipsky übernahm vorläufig den Chefposten des IWF. Die stellvertretende geschäftsführende Direktorin Nemat Shafik soll den IWF beim Treffen der Eurogruppe in Brüssel vertreten.

Bereits 2008 hatte Strauss-Kahn wegen einer Affäre mit einer Mitarbeiterin beim IWF Schlagzeilen gemacht. Der Währungsfonds sprach ihn nach einer externen Untersuchung vom Vorwurf frei, Druck auf die Frau ausgeübt zu haben.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts

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