Für 100.000 Jahre? Finnen bauen ihr Atom-Endlager
15.09.2010, 10:56 Uhr
Bauarbeiten in einem Stollen für das gigantische Endlager Onkalo in Finnland.
(Foto: dpa)
Als erste in der Welt bauen die Finnen ein Endlager für ihren Atommüll. 100.000 Jahre sollen die Behälter tief in unterirdischem Felsgestein halten. Je länger gebaut wird, desto lauter melden sich die Zweifler zu Wort.
Bei der Atomkraft marschieren die Finnen forsch vorne weg: Als erste in Europa gaben sie nach der Katastrophe von Tschernobyl wieder grünes Licht für den Neubau eines Reaktors, und weltweit als erste haben die Nordeuropäer mit dem Bau des gigantischen unterirdischen Endlagers Onkalo für ihren kompletten eigenen Atommüll begonnen. 100.000 Jahre soll die Lagerung in 400 bis 500 Meter tiefem Felsgestein sicher sein, beteuert die Betreibergesellschaft Posiva.

Ein Computerbild zeigt die schematische Darstellung der weitverzweigten Stollen für das unterirdische Endlager Onkalo.
(Foto: dpa)
Verblüffend glatt bekamen die heimischen Kraftwerksbetreiber TVO und Fortum über ihre gemeinsame Tochter Posiva die Pläne für das Endlager im Südwesten Finnlands, in unmittelbarer Nähe des Atomkraftwerkes Olkiluoto durch: Kaum Proteste von Anwohnern, fast durchweg positive wissenschaftliche Gutachten, wegen der vielen neuen Jobs begeisterte Kommunalpolitiker der Gemeinde Eurajoki, und 2001 eine sagenhafte Parlamentsmehrheit von 159 Ja- und 3 Nein-Stimmen für das drei Milliarden Euro teure Projekt.
Projekt zunehmend in der Kritik
Seit 2004 wird kräftig in die Tiefe gebohrt, ab 2020 sollen hier nach und nach 5000 Tonnen Atommüll in mit Kupfer ummantelten Stahlröhren eingelagert werden. Ist das Lager irgendwann um das Jahr 2120 gefüllt, wird es mit Unmengen Beton komplett versiegelt. Für alle Zeiten und sicher, wie die Konstrukteure behaupten. Es werde auch eine in 60.000 Jahren zu erwartende Eiszeit unbeschadet und ohne freiwerdende Strahlung nach außen überstehen.
Auf 421 Meter Tiefe haben sich die Onkalo-Arbeiter schon in die Tiefe gebohrt, und doch ist das Projekt zunehmend Kritik ausgesetzt. Wissenschaftler wie der Geologe Matti Saarnisto haben Posiva mit immer lautstärkeren Zweifeln vor allem an der Standfestigkeit des Endlagers in einer Eiszeit in Bedrängnis gebracht. Auch Testergebnisse aus dem Jahr 2008 über die Haltbarkeit der Kupferummantelung waren alles andere als Reklame für das Endlager-Projekt: Korrosion schon nach tausend Jahren. Dabei sollen die Behälter 99.000 Jahre länger komplett dicht sein.
Mehr Atommüll als gedacht
Lauri Myllyvirta von Greenpeace hält die Frage für offen, ob Onkalo tatsächlich das große finnische Endlager wird: "Der Konflikt hat darüber hat jetzt erst richtig Fahrt aufgenommen." Die Bewilligung von inzwischen drei zusätzlichen Atomreaktoren durch den Reichstag in Helsinki macht die Lage zusätzlich kompliziert: Zu bisher 4500 Tonnen radioaktivem Abfall aus den bisher laufenden vier Atomreaktoren kommen noch mal 2500 Tonnen je neuem Reaktor hinzu.
Quelle: ntv.de, Thomas Borchert, dpa