Politik

SPD-Wirbel um Personalie Steinbrück Gabriel vertreibt das K-Gespenst

Die Führungsriege hält sich bedeckt, die Flügel streiten: Die K-Frage treibt die SPD schon zwei Jahre vor der nächsten Bundestagswahl um.

Die Führungsriege hält sich bedeckt, die Flügel streiten: Die K-Frage treibt die SPD schon zwei Jahre vor der nächsten Bundestagswahl um.

(Foto: picture alliance / dpa)

Ein Gespenst geht um im Willy-Brandt-Haus: Mit massiver Unterstützung von Altkanzler Schmidt bringt sich Ex-Finanzminister Steinbrück in Stellung für die Kanzlerkandidatenkür. SPD-Chef Gabriel will die Diskussion ersticken und gibt sich salomonisch. Steinbrück sei ein geeigneter Mann, die Entscheidung falle jedoch frühestens Ende 2012.

Mit einer salomonischen Äußerung hat SPD-Chef Sigmar Gabriel versucht, die aufgeheizte Debatte in seiner Partei um eine Kanzlerkandidatur des früheren Finanzministers Peer Steinbrück zu beruhigen. Er wolle am vorgesehenen Zeitplan für die Kandidatenkür festhalten, sagte der Vorsitzende der Sozialdemokraten. Falls es nicht zu vorzeitigen Neuwahlen komme, werde er Ende 2012 oder Anfang 2013 für die Bundestagswahl einen Vorschlag machen. Gleichzeitig erklärte Gabriel, die Aussage von Altkanzler Helmut Schmidt, wonach Steinbrück in der Lage sei, eine Bundesregierung zu führen, halte er "für absolut richtig".

Der Elder Statesman Schmidt bringt Steinbrück in Stellung.

Der Elder Statesman Schmidt bringt Steinbrück in Stellung.

(Foto: dpa)

Die massive Unterstützung Schmidts für Steinbrück, die in einem gemeinsamen Auftritt in der ARD-Talkshow von Günther Jauch gipfelte, hatte zuvor für Unruhe bei den Sozialdemokraten gesorgt. Vor allem aus dem linken Flügel der Partei kommt Kritik. "Ich verstehe nicht, was dieser Ego-Trip zu diesem Zeitpunkt soll", sagte der Juso-Vorsitzende Sascha Vogt dem "Tagesspiegel". "Kanzlerkandidaten werden nicht von Altkanzlern ausgerufen, sondern von der Partei bestimmt."

Wenn die SPD klug sei, entscheide sie erst in einem Jahr über ihren Kandidaten, sekundierte SPD-Präsidiumsmitglied Ralf Stegner, ebenfalls vom linken Flügel der Sozialdemokraten. "Kanzlerkandidaten werden bei uns nicht ausgerufen, auch nicht von noch so verdienstvollen Politikern."Es gebe mehrere Sozialdemokraten, "die das Amt können".

"Große Ruhe und Gelassenheit"

Auf diese Sprachregelung legte sich auch Gabriel fest und verteilte ein Rundumlob. Steinbrück habe in seiner Zeit als Finanzminister gezeigt, "dass Sozialdemokraten besser mit Geld umgehen können". Ebenso habe der heutige Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier als Außenminister seine Fähigkeiten in der Bundesregierung unter Beweis gestellt. Ihre guten Sympathiewerte hätten auch damit zu tun, "dass die Menschen sich daran erinnern, dass man das Land auch in einer schweren Krise besser regieren kann als Frau Merkel mit den wechselnden FDP-Ansprechpartnern, die sie hat", sagte Gabriel.

Steinbrück und Steinmeier gelten wie Gabriel als Favoriten, um für die SPD als Kanzlerkandidat in den nächsten Bundestagswahlkampf zu ziehen. "Das ist für die SPD eine ausgesprochen sympathische und hilfreiche Debatte", sagte Gabriel mit Blick darauf, dass mehreren SPD-Kandidaten zugetraut wird, die nächste Regierung zu führen. "Vor zwei Jahren hätten sie uns zum Arzt geschickt", wenn die SPD von sich aus ins Gespräch gebracht hätte, dass sie 2013 den Kanzler stellen könnte. Die kritischen Stimmen vom linken Parteiflügel zu den Interviews und öffentlichen Auftritten Schmidts und Steinbrücks wollte Gabriel nicht kommentieren. Der Vorsitzende behauptete, es gebe "eine große Ruhe und Gelassenheit in der Partei".

Die wollte auch Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier ausstrahlen. "Das sind zwei Menschen, die ich sehr schätze", antwortete er in der ARD auf die Fragen nach dem Werben Schmidts für Steinbrück. "Und es sind zwei Menschen, im Unterschied zu denen, die jetzt regieren, die manche Krise durchstanden haben mit Standfestigkeit und Orientierung." Mit Steinbrück arbeite er seit vielen Jahren eng und vertrauensvoll zusammen. "Wir sind befreundet." Zum Verfahren der Kandidatenbenennung sagte Steinmeier, es bleibe bei dem, was die SPD besprochen habe: "Wir werden das im nächsten Jahr entscheiden."

Steinmeier lobt Steinbrück

Von Gelassenheit kann allerdings außerhalb der Führungsriege kaum die Rede sein. Vielmehr lässt sich der Eindruck gewinnen, die verschiedenen Lager der Partei beginnen mit der Positionierung ihrer Kandidaten. Der einflußreiche konservative Seeheimer Kreis beeilte sich mit Applaus. Sprecher Johannes Kahrs bezeichnete Steinbrück als einen guten Kanzlerkandidaten. "Ich glaube, dass Peer Steinbrück es kann. Er ist ein guter Krisenmanager und genießt als ehemaliger Finanzminister viel Vertrauen in der Bevölkerung", sagte Kahrs der "Welt". Die Vertreter des linken Parteiflügels sparten nicht an Kritik. SPD-Vorstandsmitglied Ottmar Schreiner sagte der "Saarbrücker Zeitung": "Peer Steinbrück kann seine Sachkenntnisse auch in anderen Funktionen einbringen."

Steinbrück selbst sagte nur: "Der Knochen ist abgenagt."

Steinbrück selbst sagte nur: "Der Knochen ist abgenagt."

(Foto: dapd)

Altkanzler Schmidt hatte Steinbrück unter anderem wegen seines Sachverstands in Finanzfragen als den geeigneten Kanzlerkandidaten bezeichnet. Notwendig seien im Augenblick politische Führer, die in diesem Bereich Bescheid wüssten, sagte der 92-Jährige am Sonntagabend in der ARD. "Er ist einer von denen, die wirklich wissen, worüber sie reden."

Steinbrück sagte zur Kanzlerkandidatenfrage, er werde sich erst äußern, falls ihm der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel eine entsprechende Frage stellen würde. Auf mehrere Versuche Jauchs, ihm mehr zu entlocken, sagte Steinbrück schließlich: "Der Knochen ist jetzt abgenagt."

Die Linke kann sich eine Zusammenarbeit mit einem Kanzler Steinbrück nicht vorstellen. "Ob die SPD einen notorischen Wahlverlierer aufstellt, ist ihre Sache", sagte ihr Vorsitzender Klaus Ernst der "Passauer Neuen Presse". "Dass wir mit ihm gut zusammenarbeiten, ist unwahrscheinlich." In der SPD gewönnen ausgerechnet diejenigen wieder an Macht und Einfluss, "die für Sozialabbau, Rentenkürzungen und Kriegseinsätze stehen".

Quelle: ntv.de, dpa

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