Politischer Druck auf "Tyrannenjäger" Garzón suspendiert
12.05.2010, 15:35 UhrDer spanische Star-Richter Baltasar Garzón könnte sein Amt verlieren, weil er Verbrechen der Franco-Diktatur juristisch aufarbeiten wollte.

Garzón beruft sich bei seinen Ermittlungen auf internationale Menschenrechtsabkommen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der als "Tyrannenjäger" bekannte spanische Richter Baltasar Garzón muss wegen seiner Ermittlungen über Verbrechen der Franco-Diktatur auf die Anklagebank. Der Oberste Gerichtshof ordnete in Madrid an, dass dem berühmtesten Juristen des Landes der Prozess gemacht wird. Der zuständige Untersuchungsrichter Luciano Varela legt seinem 54-jährigen Kollegen Rechtsbeugung zur Last. Garzón habe mit seinen Ermittlungen zum Franco-Regime (1939-1975) gegen das Amnestie-Gesetz von 1977 verstoßen und bewusst seine Kompetenzen überschritten.
Mit der Anklageerhebung kann der Richter bis auf weiteres von seinem Amt suspendiert werden. Darüber muss nun das Selbstverwaltungsorgan der Richterschaft (CGPJ) entscheiden. Um die Suspendierung zu umgehen, hatte Garzón seine Versetzung zum Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag beantragt. Dieser Wechsel wird durch die Anklageerhebung infrage gestellt, weil ein suspendierter Richter nicht versetzt werden kann.
Schwierige Vergangenheitsbewältigung
Garzón hatte 1998 die Festnahme des chilenischen Ex-Diktators Augusto Pinochet erwirkt und sich damit weltweit einen Namen als "Tyrannenjäger" gemacht. Das Verfahren gegen den Richter spaltet die Spanier in zwei Lager. Rechtsgerichtete und konservative Kräfte begrüßen das Vorgehen der Justiz. Dagegen sieht die Linke darin ein "Kesseltreiben" gegen einen Juristen, der sich an das heikle Thema der Vergangenheitsbewältigung herangewagt hat.
Auch Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International oder Human Rights Watch ergriffen Partei für den Richter. Garzón hatte Klarheit über das Schicksal von mehr als 100.000 Franco-Gegnern schaffen wollen, die gegen Ende des Bürgerkriegs (1936-1939) und in der Anfangszeit der Diktatur aus politischen Gründen ermordet worden waren.
Rechte gaben Anstoß
Bei einer Verurteilung droht dem Juristen ein Berufsverbot von bis zu 20 Jahren. Das Verfahren gegen Garzón war aufgrund von Klagegesuchen rechtsgerichteter Organisationen eingeleitet worden. Die Staatsanwaltschaft ist dagegen, den Richter auf die Anklagebank zu setzen.
Quelle: ntv.de