Kommandozentrale und Folterkammer Geheimdienst nutzte Museum
07.08.2011, 14:13 Uhr
Das Ägyptische Museum beherbergt die Schätze der Antike.
(Foto: dpa)
Das Ägyptische Museum in Kairo beherbergt die bedeutendste Sammlung ägyptischer Kunst. Doch während der regierungsfeindlichen Proteste hatte es noch eine andere Funktion: Es wurde zur Schaltstelle des berüchtigten Geheimdienstes zweckentfremdet, in den Kellern kam es zu "Jungfräulichkeitstests".

Al-Adli muss sich nun vor Gericht verantworten.
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Das Ägyptische Museum, mit rund 120.000 Exponaten die weltweit bedeutendste Sammlung alter ägyptischer Kunst, ist während der regierungsfeindlichen Proteste zu Jahresbeginn vom Geheimdienst als Kommandozentrale missbraucht worden. Das geht aus Zeugenaussagen hervor, die Museumsdirektor Tarik al-Awadi bei den Ermittlungen gegen Ex-Innenminister Habib al-Adli zu Protokoll gab.
Die Kairoer Tageszeitung "Youm 7" zitierte aus dem Protokoll. Al-Adli steht derzeit zusammen mit dem gestürzten Präsidenten unter dem Vorwurf vor Gericht, für den Tod von mehr als 800 Demonstranten mitverantwortlich zu sein.
Den Aussagen Al-Awadis zufolge übernahm der Geheimdienst nach Ausbruch der Massenkundgebungen auf dem Kairoer Tahrir-Platz, wo auch das Museum liegt, die Überwachungsräume des dortigen Sicherheitsdienstes. Von dort hätten die Agenten direkte Kommunikationslinien zum Oberkommando des Sicherheitsapparates eingerichtet, sagte der Museumsleiter den Ermittlern.
Polizei, Geheimdienste und bezahlte Schläger gingen vor allem in der Anfangsphase der 18-tägigen Proteste immer wieder mit äußerster Brutalität gegen die Demonstranten vor. Mubarak musste am 11. Februar unter dem Druck der Volksbewegung zurücktreten.
Missbrauch auch nach Abgang Mubaraks
Internationale Konventionen verbieten die Nutzung von Museen und anderen Kulturgütern für militärische und paramilitärische Zwecke. Bizarrerweise fand der Missbrauch des Ägyptischen Museums auch nach dem Abgang Mubaraks kein Ende. Als die Militärpolizei am 9. März eine Pro-Reform-Kundgebung auf dem Tahri-Platz auseinanderjagte und Demonstranten festnahm, richtete sie in den Kellern des Museums für kurze Zeit richtiggehende Folterkammern ein.
Die gefangenen Demonstranten wurden dort geschlagen und misshandelt. Die Mädchen und jungen Frauen unter ihnen wurden so genannten unterzogen - ihre Intimzonen wurden gewaltsam entblößt und gefilmt.
Quelle: ntv.de, dpa