Politik

Islamisten siegen in Ägypten "Höchste Wahlbeteiligung seit Pharaonen"

Abdel Mose Ibrahim: "Ich habe keine Energie mehr."

Abdel Mose Ibrahim: "Ich habe keine Energie mehr."

(Foto: REUTERS)

Ägyptens Wahlkommission verkündet einen Erfolg in Sachen Demokratie - hat aber keine Lust, die Wahlergebnisse auszurechnen. "Ich habe keine Energie mehr", sagt der Chef der Wahlkommission. Dennoch stehen die vorläufigen Sieger fest. Es sind die gemäßigten und die radikalen Islamisten.

Die erste Parlamentswahl nach dem Sturz von Präsident Husni Mubarak hat Ägypten eine Rekordbeteiligung beschert. Wie die Wahlkommission verkündete, gaben in der Auftaktrunde in den Städten Kairo und Alexandria sowie in sieben Provinzen von gut 13 Millionen Wahlberechtigten mehr als 8 Millionen Menschen ihre Stimme ab. Das sei eine Beteiligung von 62 Prozent - die höchste "seit der Zeit der Pharaonen", sagte der Vorsitzende des Gremiums, Abdul Muis Ibrahim.

Schon jetzt zeichnen sich die Islamisten als klare Gewinner ab - auch wenn offiziell noch keine Ergebnisse verkündet wurden. Der Präsident der Wahlkommission überließ es den Journalisten, die Ergebnisse der ersten Teilrunde der Parlamentswahlen auszuwerten. "Dieses Dossier ist sehr umfangreich, ich habe keine Energie mehr", sagte Abdel Mose Ibrahim auf einer Pressekonferenz, auf der eigentlich die Ergebnisse bekannt gegeben werden sollten. Er empfahl den Journalisten, selbst die Ergebnisse für die Wahlkreise durchzugehen, die "demnächst im Internet" veröffentlicht würden.

Die besten Chancen werden der Muslimbruderschaft mit ihrer gemäßigten "Partei der Freiheit und Gerechtigkeit" eingeräumt. Sie kommen nach inoffiziellen Angaben auf mehr als 40 Prozent der Stimmen. Auf dem zweiten Platz landet demnach die radikal salafistisch-islamistische "Partei des Lichts", der ein Staat nach dem Vorbild Saudi-Arabiens vorschwebt. Die von linken und liberalen Parteien gebildete Ägyptische Allianz liegt in den meisten Bezirken auf dem dritten Platz.

Kompliziertes Verfahren, kompliziertes Wahlrecht

In den kommenden Wochen soll in den restlichen 18 Provinzen gewählt werden. Die genaue Verteilung der 498 Sitze wird am 13. Januar bekanntgegeben. Das Wahlrecht gilt als kompliziert. Zwei Drittel der Parlamentarier werden über Parteien und Listen gewählt, ein Drittel sind Direktkandidaten. Mindestens die Hälfte der Abgeordneten müssen Arbeiter oder Bauern sein.

Das neue Parlament wird die Aufgabe haben, eine neue Verfassung auszuarbeiten. Ende Juni 2012 soll ein neuer Präsident gewählt werden. Danach soll sich der Oberste Militärrat, der seit dem Abgang Mubaraks regiert, wieder aus der Politik zurückziehen.

Der ägyptischen Jugendbewegung 6. April geht das nicht schnell genug. Sie hat neue Massenproteste gegen die Militärregierung angekündigt. Die Oppositionsgruppen halten seit mehr als einer Woche den zentralen Kairoer Tahrir-Platz besetzt. Bei den Anfangs heftigen Protesten kamen 42 Menschen ums Leben.

Seit Beginn der Parlamentswahl ist die Zahl der Demonstranten aber deutlich gesunken. Der Tahrir-Platz stand während des Arabischen Frühlings im Mittelpunkt der landesweiten Proteste, die schließlich zum Sturz des langjährigen Präsidenten Mubarak führten.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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