Mutmaßlicher NSU-Unterstützer Holger G. kommt frei
25.05.2012, 12:46 Uhr
Holger G. nach seiner Verhaftung im November 2011.
(Foto: dpa)
Er soll der NSU eine Waffe besorgt und die Neonazi-Mörder der Zwickauer Zelle mit Papieren für die Flucht ausgestattet haben. Trotzdem hebt der BGH den Haftbefehl gegen Holger G. auf. Der Grund: Die gelieferte Pistole sei nicht die Waffe, mit der Mundlos und Böhnhardt zehn Menschen umgebracht haben.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Haftbefehl gegen einen mutmaßlichen Unterstützer der rechtsextremen Gruppierung Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) aufgehoben. Der Haftbefehl gegen Holger G. sei mangels dringenden Tatverdachts aufgehoben worden, teilte das Gericht mit.
Holger G. war im November 2011 in Haft genommen worden. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm Unterstützung einer terroristischen Vereinigung und Beihilfe zum Mord vor. Ihren Erkenntnissen zufolge hat er den beiden mutmaßlichen Mördern Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos eine Pistole überbracht und ihnen später seinen Reisepass und seinen Führerschein zur Verfügung gestellt.
Die Pistole habe nicht als Tatwaffe identifiziert werden könnten, begründete der BGH nun seine Entscheidung. Weiter gebe es keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür, dass die Übergabe der Waffe die Taten erleichtert oder gefördert habe.
Beckstein-Auftritt erregt Ärger
Die Gruppe habe ihre Taten außerdem streng abgeschottet geplant und ausgeführt. Vor diesem Hintergrund ließen sich die Versicherungen des Beschuldigten nicht widerlegen, wonach er mit Mordanschlägen der Gruppe nicht gerechnet und sie den Neonazis auch nicht zugetraut habe.
Die Bundesanwaltschaft lastet der Gruppe, zu der neben Böhnhardt und Mundlos auch Beate Zschäpe gehört haben soll, neben den Morden auch zwei Sprengstoffattentate und mehrere Banküberfälle an. Gegen Zschäpe will die Behörde früheren Angaben zufolge noch im Herbst Anklage erheben. Böhnhardt und Mundlos hatten sich vergangenen November das Leben genommen.
Indessen setzt sich die Debatte fort, wie die drei Neonazis über Jahre ungestört ihre Morde begehen konnten. Die Türkische Gemeinde fordert Konsequenzen für das Behördenversagen. Der Vorsitzende Kenan Kolat stört sich vor allem an dem Auftreten des ehemaligen bayerischen Innenministers Günther Beckstein vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags. Kolat bezeichnete die Aussagen des CSU-Politikers als "völlig unzureichend" und forderte, dass Beckstein sein Landtagsmandat niederlegt.
Kolat sieht "institutionellen Rassismus"
Beckstein hatte Vorwürfe gegen ihn und die Landesbehörden im Umgang mit der Mordserie zurückgewiesen. Fünf Morde wurden in Bayern begangen, weshalb das Verhalten der bayerischen Behörden und die Arbeit der bayerischen Soko Bosporus zunächst im Mittelpunkt des Ausschusses stehen. Beckstein sah bei seiner Befragung keinen Anlass dafür, politisch die Verantwortung dafür zu übernehmen, dass die NSU-Täter jahrelang nicht gefasst werden konnten.
Kolat kritisierte: "Ich frage mich, wer eigentlich Verantwortung trägt an der Verhinderung beziehungsweise Nichtaufklärung der Morde, wenn nicht ein Innenminister." Kolat forderte auch, den leitenden Oberstaatsanwalt zu suspendieren, der damals für die Ermittlungsführung verantwortlich war, und den Verfassungsschutz in Bayern neu zu organisieren.
In dem Ausschuss sei deutlich geworden, dass die "Unfähigkeit" mehrere Behörden und die "Blockadehaltung" der Verfassungsschutzämter zur Nicht-Aufklärung beigetragen hätten. Obwohl Beckstein fremdenfeindliche Motive hinter den Mordtaten vermutete, habe es keine ernstzunehmenden Bemühungen in diese Richtung gegeben. "Die Behörden sind von organisierter Kriminalität ausgegangen und haben sogar in der Türkei umfangreiche Ermittlungen angestellt", sagte Kolat. Dies alles deute auf einen "institutionellen Rassismus" in manchen deutschen Behörden hin, der aufgearbeitet werden müsse.
Quelle: ntv.de, jog/rts/dpa