Politik

China und Russland winken ab Hollande denkt über Angriff nach

Schnappschuss mit erbeutetem Regierungspanzer: Ein MItglied der "Freien syrischen Armee" bei Aleppo.

Schnappschuss mit erbeutetem Regierungspanzer: Ein MItglied der "Freien syrischen Armee" bei Aleppo.

(Foto: REUTERS)

Nach dem Massaker im syrischen Al-Hula denkt Frankreichs Präsident laut über eine Militärintervention mit UN-Mandat nach. Washington ist offiziell strikt dagegen. Und auch China und Russland wollen von einem Eingriff nichts wissen. Deutschland hält an der Strategie des sanften diplomatischen Drucks fest.

Neues Gesicht auf der großen Bühne der Weltpolitik: Francois Hollande.

Neues Gesicht auf der großen Bühne der Weltpolitik: Francois Hollande.

(Foto: REUTERS)

Für den französischen Präsidenten François Hollande ist eine Militärintervention in Syrien mit einem UN-Mandat nicht ausgeschlossen. "Es ist an mir und den anderen, die Russen und Chinesen zu überzeugen", damit sie dagegen im UN-Sicherheitsrat kein Veto einlegen, sagte Hollande dem Fernsehsender "France 2". Er werde Ende der Woche mit Russlands Präsident Wladimir Putin reden, um ihn von der Notwendigkeit zu überzeugen, die Sanktionen nochmals deutlich zu verschärfen, sagte Hollande. "Man darf Baschar al-Assad nicht weiter sein eigenes Volk massakrieren lassen."

Die angesprochenen Staaten Russland und China bekräftigten ihr Nein zu einer militärischen Intervention. Sein Land lehne die gewaltsame Absetzung ausländischer Regierungen ab, erklärte ein Sprecher des chinesischen Außenamtes. Der russische Vize-Außenminister Gennadi Gatilow sagte laut Nachrichtenagentur Interfax, zum jetzigen Zeitpunkt seien Überlegungen über ein Eingreifen der UN verfrüht.

Der Sprecher von US-Präsident Barack Obama, Jay Carney, hatte bereits zuvor erklärt, die USA lehnten eine Militärintervention zum jetzigen Zeitpunkt weiter ab. Washington halte eine weitere Militarisierung in Syrien nicht für richtig. "Wir glauben, es würde zu größerem Chaos, größerem Gemetzel führen", sagte Carney am Dienstag in Washington. Die USA hofften, dass der Druck auf das Assad-Regime Wirkung zeigt.

Nach dem Blutbad in der syrischen Ortschaft Al-Hula haben neben Deutschland auch Großbritannien, Frankreich, Italien, die Niederlande, Belgien und Spanien sowie die USA, Australien und Kanada syrische Diplomaten ausgewiesen. Die Ausweisung eines Botschafters gehört im diplomatischen Umgang zu den härtesten Strafmaßnahmen, über die ein Land verfügt. Grundlage dafür ist Artikel 9 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen.

"Syrien hat unter Assad keine Zukunft", sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle. "Er muss den Weg für einen friedlichen Wandel in Syrien freimachen". Westerwelle machte den syrischen Präsidenten Assad direkt für das Massaker verantwortlich. "Wer unter Missachtung von Resolutionen des Sicherheitsrats schwere Waffen gegen das eigene Volk einsetzt, muss mit ernsten diplomatischen und politischen Konsequenzen rechnen."

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan warf dem syrischen Regime vor, sich damit an den menschlichen Grundwerten versündigt zu haben. "Die Geduld hat ihre Grenzen, und ich hoffe, das gilt auch für die Geduld des Weltsicherheitsrates", sagte er in einer Rede vor Abgeordneten seiner islamisch-konservativen Regierungspartei AKP in Ankara. Damit schwindet offenbar auch in der Türkei der Widerstand gegen einen UN-gedeckten Militäreinsatz im südlichen Nachbarland.

"Das ist grauenhaft"

Das gilt als die bislang schlimmste Gräueltat an einem einzelnen Ort seit dem Ausbruch der Proteste gegen das Assad-Regime vor fast 15 Monaten. Bei dem Angriff waren Ende vergangener Woche mehr als 100 Zivilisten niedergemetzelt worden, etwa ein Drittel davon Kinder. Die meisten Opfer wurden Berichten zufolge . Zu diesem Ergebnis kommt eine erste Untersuchung von UN-Experten. "Es sieht so aus, als ob ganze Familien in ihren Häusern erschossen wurden", sagte in Genf Rupert Colville, Sprecher des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte. "Das ist ziemlich grauenhaft. Fast die Hälfte der uns bekannten Opfer sind Kinder, das ist unverzeihlich."

Nach dem Treffen des UN-Sondergesandten mit Assad sagte ein Sprecher, der frühere UN-Generalsekretär habe darauf hingewiesen, dass der von ihm formulierte Sechs-Punkte-Plan nur funktionieren könne, wenn ernsthafte Schritte unternommen würden, die Gewalt zu beenden und Gefangene freizulassen.

Annan betonte, sein Sechs-Punkte Plan für Frieden in Syrien sei bislang nicht umgesetzt worden. Nach einem vielversprechenden Start im April sei die Waffenruhe in sich zusammengebrochen. Die Opposition sieht den Annan-Plan, der eine von unbewaffneten UN-Beobachtern überwachte Waffenruhe beinhaltet, ohnehin als gescheitert an.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow forderte in einem Telefonat mit Annan, dass alle syrischen Konfliktparteien auf Gewalt verzichten müssten, damit "ähnliche Vorfälle" wie in Al-Hula in Zukunft vermieden würden. Zugleich forderte Lawrow eine unabhängige und vorurteilsfreie Untersuchung des Massakers.

Paris will Assad vor Gericht sehen

Während hinter den Kulissen der internationalen Politik über das weitere Vorgahen im Umgang mit dem Assad-Regime diskutiert wird, geht das Sterben im syrischen Bürgerkrieg mit kaum verminderter Härte weiter. Allein am Dienstag sollen unterschiedlichen Angaben von Oppositionellen zufolge wieder zahlreiche Menschen bei Kämpfen getötet worden sein. Die Zahl der Opfer schwankt je nach Quelle zwischen landesweit 33 und 72 Menschen. Nähere Umstände wurden zunächst nicht bekannt.

Der französische Außenminister Laurent Fabius sagte, Frankreich setze sich dafür ein, dass der Internationale Strafgerichtshof eingeschaltet wird. "Baschar al-Assad ist der Mörder seines Volkes", sagte Fabius. Eine drohende Verurteilung etwa wegen schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen dürfte Assad einen Rückzug ins Ausland verbauen.

Die Europäische Union kündigte in Brüssel weiteren diplomatischen Druck an. Ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton sagte jedoch: "Alles muss auf Entscheidungen des UN-Sicherheitsrats beruhen." Die EU hat bereits 16 Sanktionsbeschlüsse gegen das Assad-Regime verhängt. Dazu gehören Einreiseverbote, das Einfrieren von Vermögenswerten, ein Ölembargo sowie Ausfuhrverbote für zahlreiche Güter. Die Gewalt in Syrien haben diese Maßnahmen bislang nicht stoppen können.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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