Timoschenko misshandelt Janukowitsch lässt prüfen
26.04.2012, 16:43 UhrDer ukrainische Präsident Janukowitsch sieht sich genötigt, auf den Fall Timoschenko zu reagieren. Er lässt klären, ob Timoschenko im Gefängnis misshandelt wurde. Damit reagiert er wohl auch darauf, dass Bundespräsident Gauck demonstrativ eine Einladung in die Ukraine ausgeschlagen hat
Nach wachsendem internationalen Druck im Fall Julia Timoschenko hat die Ukraine eine Untersuchung der Vorwürfe angeordnet, die Oppositionspolitikerin sei im Gefängnis misshandelt worden. Er habe die Generalstaatsanwaltschaft angewiesen, der Frage nachzugehen, sagte Präsident Viktor Janukowitsch. Bundespräsident Joachim Gauck erhielt breite Unterstützung für die Absage seines Besuchs in der Ukraine.
Er hoffe auf eine schnelle Klärung der Vorwürfe Timoschenkos, sagte Janukowitsch bei einer Veranstaltung zum Baubeginn der neuen Betonhülle für das zerstörte Atomkraftwerk von Tschernobyl. Tags zuvor hatte Vizeregierungschef Waleri Choroschkowski nicht ausgeschlossen, dass Timoschenko ins Ausland entlassen werden könnte. Wenn die Frage in den Verhandlungen mit der EU über ein Assoziierungsabkommen die einzig offene bleibe, sei eine solche Ausnahme denkbar, sagte er in Brüssel. Deutschland hat die Aufnahme Timoschenkos zur medizinischen Behandlung angeboten.
Politische Haft
Timoschenko, die seit Monaten unter starken Rückenschmerzen leidet, war am vergangenen Freitag aus Protest gegen ihre Haftbedingungen in einen Hungerstreik getreten. Die 51-Jährige wirft den Behörden vor, sie unter Gewaltanwendung vorübergehend aus ihrem Gefängnis in Charkiw zur Behandlung in ein Krankenhaus verlegt zu haben. Die Ex-Regierungschefin verbüßt eine siebenjährige Haftstrafe wegen Amtsmissbrauchs. Grund ist ein Gasgeschäft mit Russland in ihrer Zeit als Ministerpräsidentin. Timoschenko sieht das Verfahren als Racheakt ihres langjährigen politischen Rivalen Janukowitsch.
EU-Außenministerin Catherine Ashton zeigte sich erneut "zutiefst besorgt". Sie forderte die Ukraine auf, einen Besuch des EU-Botschafters bei Timoschenko mit unabhängigen medizinischen Experten zuzulassen. Auch die Bundesregierung hielt den Druck auf Kiew weiter aufrecht. Der Menschenrechtsbeauftragte Markus Löning (FDP) verlangte in der "Passauer Neuen Presse" die Freilassung der ehemaligen ukrainischen Regierungschefin. Ebenso wie mehrere Bundesminister sprach er sich im Deutschlandradio Kultur dagegen aus, zu einem Boykott der Fußball-Europameisterschaft in der Ukraine aufzurufen.
Unterstützung für Gauck
Die Entscheidung von Bundespräsident Gauck, eine für Mitte Mai geplante Reise in die Ukraine abzusagen, stieß parteiübergreifend auf Zustimmung. von einem "sehr klaren Signal, das Herr Gauck dort aussendet". Dieses richte sich auch an andere Länder, sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rolf Mützenich, in Berlin. Sein Unionskollege Philipp Mißfelder nannte Gaucks Schritt laut "Spiegel" "konsequent".
Im Zusammenhang mit Timoschenkos Inhaftierung hatte sich Gauck entschieden, nicht zu einem für Mitte Mai geplanten Treffen mitteleuropäischer Staatsoberhäupter in die Ukraine zu reisen. Die Entscheidung sei "im Benehmen mit der Bundesregierung" getroffen worden, sagte ein Sprecher des Bundespräsidenten in Berlin. Ob Gauck zur Fußball-EM in die Ukraine reise, ist demnach noch "vollkommen offen".
Quelle: ntv.de, dpa