Politik

Russische Justiz bleibt hart Kreml stellt Toten vor Gericht

Das Grab Magnitskis auf einem Moskauer Friedhof.

Das Grab Magnitskis auf einem Moskauer Friedhof.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

In Moskau zieht ein Gericht das Verfahren gegen den toten russischen Anwalt Sergej Magnitski durch. Kurz nach Eröffnung muss die Richterin den umstrittenen Prozess allerdings vertagen. Der Fall Magnitski belastet das Verhältnis zwischen Russland und den USA - und ist der Grund für das vom Kreml initiierte Adoptionsverbot.

Der Gerichtssaal ist völlig überfüllt, doch der Käfig, in dem in Russland die Angeklagten Platz nehmen müssen, bleibt leer: Die russische Justiz treibt den Prozess gegen den toten Anwalt Sergej Magnitski voran, die Verhandlung musste allerdings kurz nach der Eröffnung vertagt werden. Die Pflichtverteidiger des Toten waren nicht vor Gericht erschienen. Die Richterin setzte als neuen Termin den 22. März fest. Die Verteidigung hatte mehr Zeit zum Studium der Prozessunterlagen gefordert.

Offiziell wird dem im Gefängnis gestorbenen Juristen Steuerbetrug angelastet – doch die Hintergründe sind hoch politisch. Die Angehörigen des in Haft gestorbenen Magnitski boykottieren das Verfahren und werfen den Behörden Rechtsbruch vor. Anwälte der Familie kritisieren die Anklage gegen den Toten als illegal. Auch in Russland hätten Beschuldigte das Recht, sich selbst zu verteidigen.

Magnitski hatte als Wirtschaftsprüfer für das britische Finanzunternehmen Hermitage Capital gearbeitet, einst der größte ausländische Investor in Russland. Er war 2008 angeheuert worden, weil die Behörden dem Unternehmen Steuerhinterziehung vorwarfen. Bei seinen Recherchen kam er zu dem Ergebnis, dass Beamte des Innenministeriums den Staat um die Zahlungen, mehr als 200 Millionen US-Dollar, geprellt hatten. Die Konsequenz war, dass Magnitski wegen Steuerhinterziehung festgenommen wurde und im November 2009 im Alter von 37 Jahren in Untersuchungshaft starb -  offenbar an den Folgen von Misshandlungen. Seine Familie und Menschenrechtsorganisationen sind davon überzeugt, dass Magnitski zu Tode gefoltert wurde.

Sein Tod blieb ungesühnt. Der damalige Vize-Chef des Gefängnisses war im vergangenen Jahr vom Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung freigesprochen worden. Die Ermittlungen gegen eine Ärztin wurden eingestellt.

Adoptionsverbot als Retourkutsche

Das Verfahren gegen Magnitski wurde dagegen trotz seines Todes eingeleitet. Die Hinterbliebenen werfen dem Gericht vor, seinen Ruf als Korruptionsjäger beschädigen zu wollen: "Er kann sich nicht verteidigen, und trotzdem läuft dieser Prozess." "Noch nicht einmal Stalin hat gegen Tote prozessiert", sagt Hermitage-Gründer William Browder, gegen den in Russland in Abwesenheit Prozesse wegen Steuerhinterziehung und Betrug laufen.

Der Fall Magnitski belastet das Verhältnis zwischen den USA und Russland. US-Präsident Barack Obama unterzeichnete im Dezember ein nach dem Juristen benanntes Gesetz, dass Sanktionen gegen Russen erlaubt, die gegen Menschenrechte verstoßen. Die so genannte Magnitski-Liste enthält die Namen russischer Beamter und Politiker, die aus US-Sicht verantwortlich für den Tod sind und deshalb mit Sanktionen wie Kontosperren oder Einreiseverboten belegt werden können.

Der Kreml reagierte empört und brachte ein Gesetz auf den Weg, das US-Amerikanern verbietet, russische Kinder zu adoptieren.

Quelle: ntv.de, jga/dpa/AFP

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