Politik

Von den Nazis reformiert und seither unverändertMaas lässt Tötungsparagrafen prüfen

08.02.2014, 08:40 Uhr
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Heiko Maas empfindet die Definition von Mord im Strafgesetzbuch als "beklemmend". (Foto: picture alliance / dpa)

Mörder und Totschläger: Das deutsche Recht macht hier eine eigentümliche Unterscheidung. Entscheidend ist nicht, was ein Angeklagter getan hat, sondern welchen Charakter er hat. Justizminister Maas will dieses Relikt der NS-Zeit modernisieren.

Mord und Totschlag

Das Strafgesetzbuch definiert zwei verschiedene Tötungsdelikte: Mord und Totschlag.

Laut §211 ist Mörder, wer "aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken einen Menschen tötet". Mörder bekommen demnach eine lebenslange Freiheitsstrafe.

Den Straftatbestand des Totschlags definiert §212: "Wer einen Menschen tötet, ohne ein Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft." In besonders schweren Fällen ist auch eine lebenslange Haft möglich.

Bundesjustizminister Heiko Maas will die Paragrafen zu Mord und Totschlag ändern. Bei Tötungsdelikten gebe es einen "gesetzgeberischen Regelungsbedarf", sagte Maas der "Süddeutschen Zeitung". Er strebe deshalb "noch in dieser Legislaturperiode" eine Reform an. Ziel sei es, Mord besser zu definieren.

Das Problem liegt in der Rechtshistorie begründet. Viele Laien verstünden unter Mord eine geplante, genau überlegte Tötung - und unter Totschlag eine Tötung im Affekt, so Maas. Ungefähr so sei es auch bis 1941 geltendes Recht gewesen. Dann hätten die Nationalsozialisten die Mordmerkmale geändert und Begriffe wie "niedrige Beweggründe" oder "Heimtücke" eingeführt.

"Mord und Totschlag entsprechen so, wie sie in den Paragrafen 211 und 212 definiert sind, nicht der Systematik des Strafgesetzbuches", sagte Maas der Zeitung. Es seien "täterbezogene Delikte", das Strafgesetzbuch gehe "ansonsten aber von tatbezogenen Delikten aus". Der geltende Mordparagraf beschreibe "also nicht, wann eine Tat ein Mord ist", sondern "einen Menschentypus mit moralisch aufgeladenen Gesinnungsmerkmalen". Das sei "noch immer die beklemmende Beschreibung eines Mörders, wie ihn sich die Nazis vorgestellt haben".

Expertengruppe soll Vorschläge machen

Es sei "ein Verdienst der Gerichte, dass sie dieses schlechte Gesetz überhaupt anwendbar gemacht haben", sagte Maas. Es sei jetzt Aufgabe des Gesetzgebers, "den Gerichten bessere Regelungen an die Hand zu geben" und die Tötungsdelikte "einer grundlegenden Reform" zu unterziehen.

Maas kündigte dazu die Einsetzung einer Expertengruppe an. Diese solle "eine fundierte Grundlage" für eine parlamentarische Diskussion schaffen, bei der "die Mordmerkmale, wie sie seit 1941 im Gesetz stehen" genau überprüft werden. "Ob wir einige streichen, verändern oder ob neue hinzukommen - das möchte ich jetzt zusammen mit den Experten und dem Parlament klären", sagte der Minister.

Erst vor drei Wochen hatte der Deutsche Anwaltsverein eine Reform des Tötungsparagrafen angemahnt. Sprecher Swen Walentowski forderte bei n-tv.de eine ordentliche Strafrechtsreform, die biologistische Persönlichkeitsbilder ebenso ausschließt wie moralische Kategorisierung. Ziel ist laut Walentowski ein einziger Tötungparagraf, der ein Strafmaß von 5 Jahren bis hin zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe ermöglicht.

Quelle: ntv.de, jog/AFP