Zehntausende fordern Machtwechsel Massenproteste in Russland
24.12.2011, 14:49 Uhr
Die Straßen in Moskau waren voll mit Menschen.
(Foto: AP)
In Russland formiert sich erneut massiver Protest gegen die umstrittenen Parlamentswahlen. Zehntausende tragen ihren Unmut auf die Straßen - in Moskau zählt die Opposition sogar 100.000 Demonstranten. Sie verlangen in Sprechchören nach einem "Russland ohne Putin". Der Kreml hat derweil einen Sündenbock ausgemacht.
Bei den Massenprotesten gegen die haben Redner in Moskau nun erstmals auch laut einen Machtwechsel gefordert. "Russland ohne Putin", rief der Kremlgegner und Ex-Schachweltmeister Garri Kasparow vor Zehntausenden Menschen. Die Demonstranten wiederholten im Chor die Forderung nach einem Rücktritt von Regierungschef Wladimir Putin. Bisher ging es fast ausschließlich um Neuwahlen.
"Russland wird frei sein", sagte Kasparow. Der unlängst aus der Haft entlassene Internet-Blogger und prominente Anwalt Alexej Nawalny hielt eine Rede, in der er das Volk zu weiteren friedlichen Protesten gegen den Kreml aufrief. "Wer hat hier die Macht? - Wir!" und die "Macht dem Volk!" rief Nawalny den Demonstranten zu, die diese Losungen skandierten. Politologen trauen dem Politiker das Präsidentenamt zu.
Die Moskauer Führung gründe ihre Macht lediglich auf das vom Kreml kontrollierte Staatsfernsehen, auf eine politisch gesteuerte Polizei und Justiz, sagte Nawalny weiter. Bei den Auftritten auf einer Bühne mit großen Videowänden forderten die meisten Redner vor allem Neuwahlen im kommenden Jahr. Auch die prominente Fernsehmoderatorin Xenia Sobtschak verlangte, die "Macht wieder dem Volk zurückzugeben".
Opposition zählt 100.000 Demonstranten
Wieviele Menschen auf den Straßen waren, darüber schieden sich die Geister. Die Opposition sprach von 100.000 Menschen allein in Moskau. Die Polizei hatte nur rund 30.000 Teilnehmer gezählt. Auch in anderen Großstädten wie St. Petersburg und Nowosibirsk protestierten Zehntausende.
Es waren die zweite Großkundgebung in der Hauptstadt gegen die Regierung von Putin innerhalb von 14 Tagen. An der ersten Demonstration in Moskau am 10. Dezember hatten nach Angaben von Augenzeugen etwa 50.000 Menschen teilgenommen. Es handelt sich um die größten Proteste gegen die Regierung in Russland seit mehr als zwölf Jahren.
Die Opposition wirft den russischen Behörden vor, das Ergebnis der Parlamentswahl vom 4. Dezember zugunsten der Putin-Partei "Einiges Russland" gefälscht zu haben. Die Demonstranten fordern eine Wiederholung der Abstimmung sowie einen Rückzug des früheren Präsidenten Putin aus der Politik, der bei der Wahl im März erneut Staatsoberhaupt werden will. Der scheidende Präsident Dmitri Medwedew soll das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen.
Tschurow soll Hut nehmen

Wladimir Tschurow.
(Foto: picture alliance / dpa)
Kurz vor den Protesten gegen die umstrittene Wahl hatte der Menschenrechtsrat des Kreml dem Leiter der Wahlkommission den Rücktritt nahegelegt. Wahlleiter Wladimir Tschurow habe nach der von Fälschungsvorwürfen überschatteten Abstimmung am 4. Dezember jedes Vertrauen verloren, teilte das vom russischen Präsidenten eingesetzte Gremium mit.
Der Menschenrechtsrat empfahl Präsident Dmitri Medwedew zudem, nach der Umsetzung der angekündigten Reformen für mehr politische Freiheiten rasch Neuwahlen anzusetzen. Die Dumawahl, bei der Putins Partei Geeintes Russland den Sieg zugesprochen bekommen hatte, löste auch international Kritik aus.
Quelle: ntv.de, dpa/rts