Säbelrasseln im Wahlkampf Medwedew droht mit Raketen
23.11.2011, 22:41 UhrDas US-Raketenschild ist Russland seit der ersten Ankündigung ein Dorn im Auge. Nun, im Wahlkampf zur Parlamentswahl, droht Kremlchef Medwedew mit der Stationierung von Raketen an der NATO-Grenze. NATO und USA reagieren leicht gereizt. Russlands Premier Putin präsentiert sich derweil, kurz vor der Wahl, als starker Führer.
Mitten im russischen Wahlkampf hat Kremlchef und Spitzenkandidat Dmitri Medwedew den USA mit der Stationierung von Raketen nahe der Grenze zur NATO gedroht. Sollten die USA wie geplant ein Raketenabwehrsystem in Europa aufbauen, werde Russland moderne Offensivwaffen aufstellen, die den Schutzschild durchbrechen und zerstören könnten. Das kündigte Medwedew nach Angaben der Agentur Interfax an, rund eineinhalb Wochen vor der Parlamentswahl.
Als eine Maßnahme könnten auch atomwaffenfähige Raketen des Typs Iskander in die westrussische Exklave Kaliningrad gebracht werden, sagte Medwedew. Zudem drohte der Präsident damit, aus dem Vertrag mit den USA über atomare Abrüstung auszusteigen. Das international begrüßte Start-Abkommen war erst im Februar 2011 in Kraft getreten. Moskau hatte bereits im Juli 2007 mit der Aufstellung von Iskander-Raketen um das frühere Königsberg gedroht.
Die NATO und die USA reagierten mit Enttäuschung und Unverständnis auf Medwedews Äußerungen, insbesondere, da das westliche Bündnis Russland zur Zusammenarbeit bei der Raketenabwehr eingeladen hatte. Allerdings will die NATO zwei separate, wenn auch eng verbundene Systeme.
"Russland hat keinen Grund zu Gegenmaßnahmen"
"Solche (wie die von Medwedew angedrohten) Stationierungen wären eine Erinnerung an die Vergangenheit und unvereinbar mit den strategischen Beziehungen, die die NATO und Russland im Geist eines Dialoges aufbauen wollen", hieß es in einer Erklärung von NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen. "Zusammenarbeit bei der Raketenabwehr würde deutlich zeigen, dass die NATO und Russland Sicherheit gemeinsam und nicht gegeneinander schaffen können."

Abschussvorrichtungen für Iskander-Raketen bei einer Militärparade in Moskau 2008.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Die USA bekräftigten, dass sich das geplante Raketenabwehrsystem der NATO nicht gegen Russland richte. Die US-Regierung habe sich stets offen und transparent gegenüber Russland verhalten, sagte Außenamtssprecher Mark Toner in Washington. Die Raketenabwehr sei die Konsequenz aus einer wachsenden iranischen Bedrohung für die amerikanischen Verbündeten. "Wir haben es den russischen Stellen über zahlreiche Kanäle erklärt, dass das Raketenabwehrsystem ... Russlands strategisches Abschreckungspotenzial nicht bedroht und nicht bedrohen kann", erklärte Toner. Russland habe keinen Grund zu Gegenmaßnahmen.
Schwacher Präsident will Punkte sammeln
Medwedew sagte, auf seinen Befehl sei bereits ein radargestütztes Warnsystem in der Ostsee-Exklave Kaliningrad rund um das ehemalige Königsberg in Betrieb genommen worden. Er ordnete zudem an, die Atomwaffenanlagen des Landes stärker zu schützen. Zuvor hatte Moskau unter anderem mit der Stationierung von Raketen in Kaliningrad an der Grenze zur Europäischen Union gedroht.
Mit seinen markigen Worten will der oft als schwach kritisierte Medwedew nach Einschätzung von Beobachtern vor der Abstimmung am 4. Dezember Punkte sammeln. Der Kremlchef ist Spitzenkandidat der Regierungspartei Geeintes Russland und will im kommenden Jahr Ministerpräsident werden. Auch 20 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges sehen viele Russen noch immer in den USA ihren größten Feind.
Russland verlangt seit langem, in das geplante Raketenabwehrsystem in Europa eingebunden zu werden. Ein Alleingang der USA und ihrer europäischen Partner bedrohe die Sicherheit des Landes, wiederholt Moskau stets. Nach Angaben der NATO richtet sich der Schild vor allem gegen Raketen aus dem Iran. Moskau besteht weiterhin auf schriftlichen Garantien, dass der Abwehrschild nicht die russische Fähigkeit zu einem Gegenschlag im Falle eines Atomangriffs beeinträchtigt.
Putin will "feste Hand am Ruder" halten
Der russische Ministerpräsident Wladimir Putin beschwor derweil in der letzten Duma-Sitzung vor der Parlamentswahl die Notwendigkeit einer starken Führung in schwierigen Zeiten. Wegen der zahlreichen Herausforderungen müssten die Behörden eine "feste Hand am Ruder" behalten, sagte der Ex-Präsident und führende Kandidat für die Wahl des Staatsoberhaupts im März. Er erwarte von der Opposition, dass sie keine Unruhe stifte. "Die Stabilität des Landes, seine Souveränität, der Wohlstand seines Volkes, das sind Dinge, die Partei-Interessen, die Interessen jedes Clans oder jeder Gruppe in den Hintergrund drängen sollten", sagte Putin.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts