CDU bemüht um Schadensbegrenzung Merkel bekundet "Wertschätzung"
13.01.2012, 19:04 UhrErfreulich ist die ganze Affäre Wulff nicht für die Union. Immerhin offiziell stellt sich die CDU-Spitze hinter das angeschlagene Staatsoberhaupt. Die Kanzlerin betont, Wulff werde sicher auch bei neuen berechtigten Fragen "sehr weitgehend" Auskunft geben. Ansonsten kursiert das gnädige Wort von der "zweiten Chance", die jeder verdient habe.

Die Kanzlerin reicht Wulff die Hand beim Neujahrsempfang.
(Foto: dpa)
Mit demonstrativem Rückhalt bemüht sich die CDU-Spitze, Rücktrittsforderungen aus der Partei gegen Bundespräsident Christian Wulff entgegenzutreten. Von Bundeskanzlerin Angela Merkel kam Lob für Wulffs Aufklärungspraxis und seine Arbeit.
Sie schätze den Bundespräsidenten und seine Arbeit, ließ sie erklären. "Diese Wertschätzung gilt auch für die Bereitschaft, sehr weitgehend Auskunft und Informationen zu geben zu allen relevanten Nachfragen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Dies sei gut und wichtig für das Vertrauen der Bürger in ihr Staatsoberhaupt. Wulffs Bereitschaft werde sicher auch anhalten, "da wo neue mögliche berechtigte Fragen auftauchen".
CDU-Generalsekretär Gröhe sagte, Wulff habe detailliert und umfangreich über Urlaubsreisen und die Kreditfinanzierung seines Eigenheims informiert. Es habe Ungeschicklichkeiten gegeben, aber es sei nichts Unrechtes getan worden. Die Debatte müsse jetzt beendet werden, forderte Gröhe im NDR. Die Union habe insgesamt Vertrauen zu Wulff. "Er hat eine zweite Chance verdient." Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Peter Altmaier, bezeichnete es im "Hamburger Abendblatt" als Ziel, dass Wulff seine Amtgeschäfte unbelastet bis zum Ende seiner Amtsperiode verrichten könne. Der CDU-Politiker war unlängst selbst auf Distanz zu Wulff gegangen.
Querschüsse aus eigenen Reihen
Der brandenburgische CDU-Bundestagsabgeordnete Hans-Georg von der Marwitz forderte Wulff gleichwohl erneut zu persönlichen Konsequenzen auf. Für uns alle ist es mittlerweile fast schmerzhaft zu erleben, wie dieses Amt Schaden nimmt", sagte von der Marwitz im Deutschlandfunk. Wulff tue sich keinen Gefallen. "Zumindest was die öffentlichen Äußerungen und die Diskussion anbelangt, habe ich das Gefühl, dass er vielleicht nicht mehr richtig weiß, worum es eigentlich geht."
Auch nach Einschätzung von SPD-Chef Sigmar Gabriel kann Wulff sein Amt nicht mehr unbefangen ausüben. SPD-Chef Gabriel monierte, die Affäre Wulff verkomme allmählich zur Posse. "Das, was in den letzten 60 Jahren einen ausgemacht hat, repräsentiert er nicht mehr und wird es auch nicht mehr repräsentieren", sagte Gabriel der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Für den Fall eines Rücktritts bekräftigte er den Willen der SPD, mit der Union nach einem gemeinsamen Kandidaten zu suchen.
Verwirrung über Flug-Upgrade

Christian Wulff im Oktober 2010 während eines Flugs von St.Petersburg nach Uljanowsk in Russland.
(Foto: picture alliance / dpa)
In der "Bild"-Zeitung wurden derweil neue Vorwürfe laut. Nach einer mit seiner späteren Ehefrau und deren Sohn soll der damalige niedersächsische Ministerpräsident während des Flugs von Miami nach Frankfurt plötzlich ein Upgrade von der Economy- in die teure Business-Class bekommen haben, berichtete das Blatt unter Berufung auf einen Passagier.
Wulffs Anwälte erklärten dazu, für das Upgrade "beim Lufthansa-Flug von Miami nach Frankfurt" seien "ausschließlich privat gesammelte Meilen eingesetzt worden". Das Upgrade sei sechs Wochen vor dem Flug gebucht worden. Die Meilen seien nur für den nächtlichen Rückflug eingesetzt worden. Die Anwälte beziehen sich auf Aufzeichnungen und Unterlagen des Büros des früheren Ministerpräsidenten in der niedersächsischen Staatskanzlei. Laut "Bild"-Zeitung sind für ein Upgrade einer dreiköpfigen Reisegruppe 210.000 privat gesammelte Bonusmeilen notwendig.
Deutsche halten Wulff für beschädigt
Der wegen eines privaten Hauskredits, Urlauben bei Unternehmerfreunden und versuchter Einflussnahme auf Medien in der Kritik stehende Bundespräsident hatte in dieser Woche bei Neujahrsempfängen Arbeitsroutine demonstriert. Am Freitag begrüßte Bettina Wulff die Ehepartner der nach Deutschland entsandten Diplomaten.
Fast drei Viertel der Bundesbürger (72 Prozent) halten Wulff laut ZDF-Politbarometer inzwischen für dauerhaft beschädigt, nur 24 Prozent sehen das anders. Auch halten ihn nur 34 Prozent noch für glaubwürdig und 61 Prozent nicht für glaubwürdig. Allerdings ist eine Mehrheit von 50 Prozent der Befragten der Meinung, dass Wulff im Amt bleiben soll.
Quelle: ntv.de, ghö/rts