Je nach Arbeit und Region unterschiedlich Mindestlöhne nur in zehn Branchen
14.11.2011, 17:11 Uhr
(Foto: dpa)
Die Christdemokraten ringen heftig darum, die Liberalen verteufeln sie und die Oppositionsparteien fordern sie: Mindestlöhne. Bisher sind sie alles andere als üblich.
Mindestlöhne, wie sie die CDU auf ihrem diskutiert hat, gibt es bislang nur in zehn Branchen. In diesen sind insgesamt rund vier Millionen Arbeitnehmer beschäftigt.
Das 2009 von der großen Koalition aus Union und SPD neu gefasste Arbeitnehmer-Entsendegesetz sieht vor, dass sich zunächst die Tarifparteien auf die Höhe eines Mindestlohnes verständigen, der dann in allen tarifgebundenen Unternehmen gezahlt wird. Tarifbindung liegt dann vor, wenn der Betrieb einer Arbeitgeberorganisation und der Beschäftigte einer Gewerkschaft angehört.
Damit auch jene Arbeitnehmer den Mindestlohn erhalten, für deren Betrieb keine Tarifbindung besteht, kann die Regierung den ausgehandelten Mindestlohn für allgemeinverbindlich in der jeweiligen Branche erklären. Voraussetzung für die Allgemeinverbindlichkeitserklärung ist allerdings, dass in der jeweiligen Branche für mindestens die Hälfte der Beschäftigten eine Tarifbindung besteht. Dies ist aber immer häufiger nicht der Fall: Nach CDA-Berechnungen sind in Ostdeutschland inzwischen 80 Prozent der Betriebe nicht tarifgebunden.

Eine Studie der Bundesregierung sieht trotz Mindestlohn keine Nachteile für den Arbeitsmarkt.
(Foto: dapd)
Die größte Branche, in der bereits ein allgemeinverbindlicher Mindestlohn existiert, ist das Gebäudereinigerhandwerk mit knapp 980.000 Beschäftigten, gefolgt von der Pflegebranche mit rund 840. 000 Mitarbeitern. In der Abfallwirtschaft gilt ein bundeseinheitlicher Mindestlohn von 8,33 Euro. Im Bauhauptgewerbe liegt er bei Werkern im Westen bei elf Euro, im Osten bei 9,75 Euro. Fachwerker erhalten überall mindestens 13 Euro. Bei den Bergbau-Spezialgesellschaften liegt der Mindestlohn bei 11,53 Euro, für Facharbeiter gilt aber eine Untergrenze von 12,81 Euro. Bei den Dachdeckern beträgt der Mindestlohn bundesweit 10,80 Euro. Den Beschäftigten des Elektrohandwerks werden im Westen mindestens 9,70 Euro und im Osten 8,40 Euro gezahlt. Die Gebäudereiniger bekommen im Westen mindestens 8,55 Euro und im Osten sieben Euro.
Bei den Großwäschereien liegt der Mindestlohn West bei 7,80 Euro, im Osten werden 6,75 Euro gezahlt. Im Maler- und Lackiererhandwerk erhalten ungelernte Arbeitnehmer mindestens 9,75 Euro, Gesellen hingegen 11,75 Euro. In der Pflegebranche gilt für den Westen ein Mindestlohn von 8,50 Euro, im Osten liegt er bei 7,50 Euro. Im Wach- und Sicherheitsgewerbe gilt eine Spanne zwischen 6,53 Euro und 8,60 Euro.
Mindestlohn kommt in Zeitarbeitsbranche
In zwei weiteren Branchen sind Mindestlöhne vereinbart, aber noch nicht für allgemeinverbindlich erklärt worden. In der Zeitarbeitsbranche wird voraussichtlich ab Januar 2012 im Westen der Mindestlohn von 7,89 Euro und im Osten von 7,01 Euro allgemeinverbindlich sein. Bei der beruflichen Weiterbildung wurde ein Mindestlohn zwischen 7,60 Euro und 12,28 Euro im Westen und zwischen 7,60 Euro und 10,93 Euro im Osten vereinbart, je nach Qualifikation und Tätigkeitsbereich. In einem ersten Anlauf hatte die Regierung es allerdings abgelehnt, diese Tarife für allgemeinverbindlich zu erklären.
Um auch in den Regionen, in denen keine Tarifbindung gilt, den Weg für Mindestlöhne zu ebnen, hat die große Koalition 2009 ein weiteres Gesetz beschlossen. Die Novelle des Mindestarbeitsbedingungen-Gesetzes legt fest, dass ein Fachausschuss mit Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern für eine bestimmte Branche einen Mindestlohn aushandelt. Dieser wird anschließend per Rechtsverordnung in Kraft gesetzt. Auf Grundlage dieser Regelung ist bislang aber kein einziger Mindestlohn eingeführt worden.
Quelle: ntv.de, Jürgen Petzold, AFP