Kommt ein neues NPD-Verfahren? Minister sammeln Beweise
22.03.2012, 18:35 Uhr
Vor allem die SPD macht sich für ein erneutes NPD-Verbotsverfahren stark.
(Foto: dpa)
Neun Jahre sind vergangen, seit das NPD-Verbot scheiterte. Ob ein erneuter Versuch unternommen wird, bleib offen. Die Innenminister einigen sich aber darauf, die V-Leute aus der Parteispitze abzuziehen und wollen beginnen, systematisch Beweise gegen die rechtsextreme Vereinigung zu sammeln.
Die Innenminister wollen wieder systematisch Beweise gegen die rechtsextreme NPD sammeln. Sie beschlossen, eine Materialsammlung anzulegen und vom 2. April an auf V-Leute des Verfassungsschutzes in der Parteiführung zu verzichten. Die Entscheidung zur Abschaltung der V-Leute fiel offenbar einstimmig.
Ob ein neuer Anlauf für ein Verbot der NPD kommt, ist aber weiter offen. Ein erstes Verbotsverfahren war 2003 vor dem Bundesverfassungsgericht wegen der zweifelhaften Rolle von V-Leuten bei der Beweisführung gescheitert. Die systematische Sammlung von Material gegen die rechtsextreme Partei soll bis 2008 zurückgehen und mindestens sechs Monate dauern. Frühestens im Herbst könnte eine Entscheidung für oder gegen ein Verbotsverfahren fallen.
Innenminister Hans-Peter Friedrich von der CSU verwies im Bayerischen Rundfunk auf die Risiken eines neuen Verbotsverfahrens. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sagte dem "Spiegel", Sorgfalt gehe hier vor Schnelligkeit. Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert warnte vor einem neuen NPD-Verbotsverfahren.
Erneutes Scheitern wäre "Super-GAU"
Seit Jahren diskutiert die Politik immer wieder über einen neuen Anlauf. Der Druck, es noch einmal mit einem Verbotsverfahren zu versuchen, war nach dem Bekanntwerden der rechtsextremen Mordserie mit zehn Todesopfern wieder gestiegen. Vor allem die SPD und einige Regierungschefs aus den Ländern drücken aufs Tempo. Der rheinland-pfälzische SPD-Innenminister Roger Lewentz sagte, er sei sich sicher, dass genug Beweismaterial für ein Verbot zusammenkomme. Der Bayerische Innenminister Joachim Herrmann, bekräftigte, man müsse mit aller Kraft an einem Verbot arbeiten: "Ich sehe viele der jetzt geäußerten Bedenken als völlig übertrieben an."
Dagegen sagte Bundestagspräsident Lammert dem "Hamburger Abendblatt": "Die wenigsten machen sich klar, wie lange so ein Verfahren dauern wird und wie viele Wahlen dazwischen stattfinden." Er fürchte, dass die NPD in einem laufenden Verbotsverfahren als Märtyrer-Partei ihre Wahlkämpfe führen werde. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann von der CDU zeigte sich ebenfalls skeptisch 2003 sei die NPD gestärkt aus dem gescheiterten Verbotsverfahren hervorgegangen. Ein erneutes Scheitern wäre der "Super-Gau".
Der frühere Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Winfried Hassemer, der bei der Entscheidung 2003 den Vorsitz geführt hatte, äußerte sich in der "Süddeutschen Zeitung" positiv über ein neues Verbotsverfahren. Die Morde der Neonazis hätten eine Situation geschaffen, "auf die der Staat umfassend reagieren" müsse. Mit dem Abzug der V-Leute sei der Zulässigkeit eines neuen Verbotsantrags der Weg bereitet. Es könnte sein, dass rechtsextreme Politik und rechtsextremen Verbrechen "die zwei Seiten einer braunen Medaille sind", fügte er hinzu.
Quelle: ntv.de, dpa