Bundespolizei verstärkt die Streifen Neue Brandsätze gefunden
11.10.2011, 22:28 Uhr
Am Grünauer Kreuz werden verschiedene Brandsätze entdeckt.
(Foto: AP)
Am Grünauer Kreuz, in der Nähe des Berliner Hauptbahnhofs, am S-Bahnhof Bornholmer Straße: Deutsche Bahn und Polizei melden den Fund mehrerer neuer Brandsätze in Berlin. Es handele sich jeweils um Behälter mit brennbarer Flüssigkeit, heißt es. Die Bundespolizei verstärkt ihre Präsenz. Der Bahnverkehr ist vielfach gestört.
Eine Serie von versuchten Brandanschlägen in Berlin hält Sicherheitskräfte und Deutsche Bahn in Atem. Nach dem Brandanschlag auf die Strecke Berlin-Hamburg und dem versuchten Anschlag nahe des Hauptbahnhofs wurden weitere Brandsätze im Bahnbereich entdeckt.
Bahnmitarbeiter hatten am Morgen auf einem Bahngelände nahe des Knotenpunktes Grünauer Kreuz drei Brandsätze gefunden. Am Nachmittag wurden laut Polizei etwa 900 Meter vom Hauptbahnhof entfernt in Kabelschächten zwei weitere Brandsätze entdeckt. Brände seien nicht ausgelöst worden. Der Zugverkehr durch den betroffenen Tunnel wurde bis zum Abtransport der Brandsätze durch Spezialisten des Landeskriminalamtes (LKA) gesperrt.
Am Abend fanden Mitarbeiter der Deutschen Bahn dann einen weiteren möglichen Brandsatz. Im Bereich des S-Bahnhofs Bornholmer Straße wurden sieben Flaschen gefunden, teilte die Polizei mit. "Wir gehen davon aus, dass es sich um einen nicht gezündeten Brandsatz handelt", hieß es.
Die Fundstelle nahe des Hauptbahnhofs liegt demnach nur wenige hundert Meter vom nördlichen Ausgang des Bahnhofstunnels entfernt, wo am Montag mehrere mit brennbarer Flüssigkeit gefüllte Behälter gefunden worden waren. Wegen der "zeitlichen und örtlichen Nähe" sowie Ähnlichkeiten zwischen dem Vorgehen der Täter sei von einem Zusammenhang zwischen den Taten auszugehen, sagte ein Polizeisprecher. Der polizeiliche Staatsschutz übernahm die Ermittlungen.
Bahnverkehr weiter gestört
Wegen der Brandsätze kam es zu Störungen im S-Bahnverkehr und weiterhin auch im Zugverkehr auf der Strecke Berlin-Hamburg. Reisende mussten erhebliche Verspätungen in Kauf nehmen. Am Montag hatten Unbekannte auf der Strecke Berlin-Hamburg nahe des Bahnhofs Finkenkrug im Havelland einen Kabelschacht in Brand gesetzt und dadurch Signalkabel zerstört. Dies war bisher der einzige Fall, wo die Brandsätze tatsächlich zündeten. Die Reparaturarbeiten dauern voraussichtlich noch bis Mittwoch.

Vorsichtsmaßnahme: Polizisten und Mitarbeiter der Deutschen Bahn untersuchen bei Falkensee einen Leitungskasten an den Bahngleisen.
(Foto: dpa)
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich von der CSU verurteilte den Brandanschlag auf die Strecke nach Hamburg und die Anschlagsversuche in der Hauptstadt. "Durch die versuchten Brandanschläge wird meine Sorge um den zunehmenden Linksextremismus leider bestätigt", sagte er der Tageszeitung "Die Welt". Als Reaktion darauf ordnete er an, die Streifen der Bundespolizei auf den Bahnanlagen im Großraum Berlin "ab sofort zu verstärken." Auch ein Hubschrauber mit einer Wärmebildkamera sollte eingesetzt werden.
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit rief die Bevölkerung zur Wachsamkeit auf. Den Bahnmitarbeitern und den Sicherheitsbehörden sei es zu verdanken, dass keine Menschen zu Schaden gekommen seien. Berlins Innensenator Ehrhart Körting von der SPD sagte dem RBB: "Es ist großer Unsinn, wenn Linksextremisten sagen, dass sie keinem Menschen schaden wollen. (...) Es ist Gewalt gegen uns alle."
Bahn will Kontrollen verstärken
"Die Deutsche Bahn ist Opfer extremistischer Täter. Unsere Kontrollen haben jedoch gegriffen", sagte Gerd Neubeck, Leiter der Bahn-Konzernsicherheit. In den vergangenen Monaten habe der Konzern im Großraum Berlin die Zahl der Sicherheitsleute auf 500 aufgestockt. Außerdem habe das Unternehmen zusammen mit der Bundespolizei neue Einsatzkonzepte erarbeitet und die eigenen Mitarbeiter sensibilisiert. "Grundsätzlich ist und bleibt die Bekämpfung gewaltbereiter Gruppen Aufgabe des Staates." Festnahmen gab es bislang nicht, sagte ein Polizeisprecher in Berlin. Verletzt wurde bisher niemand.
Die Bahn will nun bundesweit die Kontrollen an ihren Gleisen verstärken. "Überall dort, wo wir wissen, dass wir gefährdete Infrastruktur haben, setzen wir momentan vermehrt Sicherheitskräfte ein und sensibilisieren die Mitarbeiter", sagte ein Bahnsprecher, ohne auf einzelne Orte einzugehen. So kontrollierten beispielsweise Mitarbeiter, die sonst an anderen Stellen im Einsatz seien, Kabelschächte.
Der Berliner Verfassungsschutz geht davon aus, dass hinter den versuchten Brandanschlägen in Berlin eine isolierte Einzelgruppe steckt. "Derartige Angriffe auf Infrastruktur, mit dem Ziel maximalen Schaden zu verursachen, sind auch für die gewaltbereite Szene in Berlin eine Besonderheit", sagte Verfassungsschutzchefin Claudia Schmid dem Berliner "Tagesspiegel". Die Sabotageaktion sei ein Eigentor für die Täter. "Für Anschläge in dieser Dimension gebe es kaum Rückhalt, weil damit die ganz normale Bevölkerung getroffen wird", sagte Schmid. Die Bundesanwaltschaft erklärte, man informiere sich über die Entwicklungen. Bislang gebe es aber keine Anzeichen, dass die Vorfälle in die Zuständigkeit von Karlsruhe fielen.
Verhinderte Regenwetter die Zündung?
Eine linksextreme Gruppe hatte gegen den Bundeswehreinsatz in Afghanistan protestiert. In der im Internet veröffentlichten Erklärung hieß es, "Sabotagehandlungen an mehreren Kabelschächten" sollten die Hauptstadt "in den Pausenmodus" zwingen. In der "Hauptstadt als Global Player des Rüstungsexportes" müsste sich etwas ändern, um Kriege zu verhindern.
Aus Sicht des Fahrgastverbands Pro Bahn müssen sich Reisende keine Sorgen machen. "Es wurde kein Brandsatz genau unter einem Zug gezündet", sagte Verbandsvorsitzender Karl-Peter Naumann. Bei einer Störung schalteten zudem grundsätzlich alle Signale automatisch auf Rot.
Die Gewerkschaft der Polizei forderte die Bundesregierung auf, auf die Anschläge zu reagieren. "Die Verkehrsinfrastruktur der Bahn ist eine Achillesferse, an deren Sicherheit das Leben und die Gesundheit von täglich Tausenden Menschen hängt", sagte der Vorsitzende des Bereichs Bundespolizei, Josef Scheuring. Vor allem die mangelhafte personelle Ausstattung der Polizei sowie deren dramatische Unterfinanzierung ließen die Sicherheitslage eskalieren. Dennoch wolle die Bundesregierung in den kommenden Jahren Hunderte weitere Stellen bei der Bundespolizei streichen.
Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP