"Echte Demokratie Jetzt!" in Spanien Protestcamps droht Räumung
20.05.2011, 07:44 Uhr
Seit Tagen gehen wie hier in Madrid tausende Demonstranten auf die Straße.
(Foto: REUTERS)
Die spanische Wahlbehörde untersagt für das Wochenende geplante Demonstrationen der Bewegung "Echte Demokratie Jetzt!". Die Begründung der Behörde: Der Ablauf der Kommunalwahlen könnte gestört werden. Damit müssten auch die Protestcamps in 60 Städzen geräumt werden.
Nach tagelangen friedlichen Protesten hat ein von Spaniens zentraler Wahlbehörde verhängtes Demonstrationsverbot die sozialistische Regierung in eine Zwickmühle gebracht. Der Beschluss bedeutet, dass am Wochenende alle Kundgebungen verboten sind und die Protestcamps in rund 60 Städten aufgelöst werden müssten. Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero ließ zunächst aber offen, ob es zu dieser Räumung kommen wird: "Das Innenministerium wird klug, gut und richtig handeln", sagte er im Radiosender Cadena Ser. In Spanien finden am Sonntag Regional- und Kommunalwahlen statt.
Bislang seien die Demonstrationen friedlich verlaufen, betonte Zapatero. Er respektiere die Forderungen der Teilnehmer. Die Politiker sollten ihnen zuhören. Zugleich rief der Sozialist die überwiegend jungen Menschen auf, sich am Sonntag an den Regional- und Kommunalwahlen zu beteiligen. "Nur wer wählen geht, kann etwas verändern", sagte er.
Widerstand geplant
Auf den besetzen Plätzen in Madrid und Barcelona sprachen sich Anhänger der Protestbewegung "Echte Demokratie Jetzt!" dafür aus, sich dem um Mitternacht in Kraft tretenden Verbot zu widersetzen. "Wir sind doch nicht in einer Diktatur", sagte ein junger Aktivist auf dem Platz der Puerta del Sol in der spanischen Hauptstadt. Die Bewegung stellte aber auch klar, dass sie Gewalt ablehne. Eine Entscheidung wollen die Demonstranten am Nachmittag auf einer Versammlung treffen.
Die Protestbewegung "Echte Demokratie Jetzt!" hatte die Bürger aufgerufen, am Samstag erneut auf die Straße zu gehen, um soziale und politische Reformen zu fordern. Auch für Sonntag waren Aktionen geplant. Die Aktivisten hatten unter anderem an die Bevölkerung appelliert, nicht die beiden großen Parteien - Sozialisten (PSOE) und Konservative (PP) - zu wählen.
Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba hatte schon am Donnerstag erklärt, die Polizei sei dazu da, "Probleme zu lösen und nicht welche zu schaffen". Konservative Medien sprachen sich für eine Räumung aus.
Eine Stimme Mehrheit
Die Wahlbehörde begründet das Verbot damit, dass die Kundgebungen den Ablauf des Urnengangs am Sonntag stören und die Wähler beeinflussen könnte. Das Wahlrecht stehe in diesem Fall über dem Versammlungs- und dem Demonstrationsrecht. Der Verbotsbeschluss fiel kurz vor Mitternacht nach fast siebenstündigen Beratungen mit nur einer Stimme Mehrheit. Die zentrale Wahlbehörde besteht aus Richtern des Obersten Gerichts sowie Universitätsprofessoren der Fachbereiche Jura, Politik und Sozialwissenschaften.
Am Donnerstagabend waren in zahlreichen Städten erneut tausende überwiegend junge Menschen aus Protest gegen die Wirtschaftskrise und die hohe Arbeitslosigkeit in Spanien auf die Straße gegangen. Die größte Kundgebung fand im Zentrum Madrids statt. "Sie nennen es Demokratie, aber es ist keine", skandierten die Demonstranten auf dem besetzten Platz der Puerta del Sol.
Quelle: ntv.de, dpa