Tote bei Doppelanschlag Revolte greift auf Aleppo über
10.02.2012, 13:47 Uhr
Spuren der Verwüstung in Aleppo.
(Foto: dpa)
Der Kampf zwischen Assad-Anhängern und -Gegnern in Syrien wird mit jedem Tag blutiger und erreicht weitere Landesteile. Bei zwei Explosionen in der Stadt Aleppo sterben mindestens 25 Menschen, sowohl Soldaten als auch Zivilisten, berichtet das Staatsfernsehen.
Bei zwei Bombenanschlägen in der syrischen Stadt Aleppo sind mindestens 25 Menschen getötet worden. Das Staatsfernsehen berichtete zudem von 175 Verletzten. Viele weitere Opfer wurden noch unter den teils eingestürzten Gebäuden vermutet, wie das syrische Staatsfernsehen berichtete.
Die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete, die Terroranschläge hätten einem Gebäude des Militärgeheimdienstes und dem Sitz der Ordnungspolizei gegolten. Bislang war es in der zweitgrößten Stadt Syriens relativ ruhig. Das Staatsfernsehen nannte "bewaffnete Terrorgruppen" als Urheber - womit Regimegegner gemeint sind.
Gegner von Präsident Baschar al-Assad machten dagegen das Regime für die Anschläge verantwortlich. Sie erklärten unter Berufung auf Anwohner, die vor den Explosionen verdächtiges Verhalten der Sicherheitskräfte beobachtet haben wollen: "Dies ist ein weiteres schwarzes Theaterstück des Regimes."
Die Regierungstruppen hätten nach den Detonationen jeweils mehrere Schüsse abgegeben, um den Eindruck zu erwecken, es habe ein Gefecht zwischen ihnen und den "Terroristen" stattgefunden.
Zuspitzung in Homs
Die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter meldete, in der Provinz Homs, die seit Tagen unter Beschuss steht, seien am Donnerstag 63 Getötete geborgen und identifiziert worden. Andernorts in Syrien hätten die Truppen des Regimes mindestens zwölf Zivilisten getötet. In der Protesthochburg Homs besetzte die Armee in der Nacht nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten ein Wohnviertel mit Panzern. Zudem durchsuche sie zahlreiche Wohnhäuser, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London mit.
Unterdessen zog die Führung im Nachbarland Libanon Truppen an der Grenze zu Syrien zusammen. Zuvor war berichtet worden, über die Grenze würden Waffen nach Homs geschmuggelt, wie die Nachrichtenagentur dpa aus Armeequellen erfuhr. "Mit dieser Maßnahme soll die libanesische Grenze geschützt werden", hieß es. Ein Augenzeuge berichtete, zahlreiche Soldaten seien an die Grenze beordert worden, wo sie Kontrollpunkte errichtet hätten.
Aufwühlende Bilder
US-Präsident Barack Obama bezeichnete die Gewalt in Syrien als "schockierend" und forderte ein Ende des Blutvergießens. Obama sagte nach einem Treffen mit dem italienischen Regierungschef Mario Monti in Washington, Italien und die USA seien sich darin einig, dass die syrische Regierung, die "ihr Volk angreift", ersetzt werden müsse.

Das Assad-Regime verlegt weiter Panzer und Truppen in die Regionen, in denen Widerstand geleistet wird.
(Foto: dpa)
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte tiefe Betroffenheit. "Die Bilder und Berichte aus Syrien wühlen mich genauso auf wie wahrscheinlich die meisten Bürger", sagte Merkel der "Passauer Neuen Presse". Die Kanzlerin bedauerte, dass . "Davon dürfen wir uns jetzt aber nicht entmutigen lassen, Deutschland arbeitet weiter daran, dass es eine UN-Resolution geben wird", versicherte Merkel.
Um das Blutvergießen in Syrien zu stoppen, plädierte Merkel für die Gründung einer sogenannten Kontaktgruppe. "Um die Bemühungen zu einer raschen Lösung des Konfliktes zu verstärken, unterstützen Präsident Sarkozy und ich die Bildung einer Kontaktgruppe, wie sie von unseren Außenministern vorgeschlagen wurde", sagte sie.
Deutschland soll handeln
Vertreter der syrischen Protestbewegung im Ausland forderten die Bundesregierung zur Schließung der syrischen Botschaft in Berlin auf. Das syrische Regime dürfe nicht länger anerkannt werden, und der syrische Botschafter müsse ausgewiesen werden, forderte Hozan Ibrahim, Mitglied im Generalsekretariat des Syrischen Nationalrats (SNC), in Berlin. Zudem müsse der SNC als "legitime Vertretung des syrischen Volkes" von Deutschland und der internationalen Gemeinschaft anerkannt werden.
Politisch Verfolgten müsse Asyl gewährt werden, forderte Elias Perabo von der zivilgesellschaftlichen Initiative "Adopt a Revolution", die finanzielle Unterstützung für Widerstandskomitees vor Ort organisiert.
Ein Sprecher des Auswärtigen Amts erteilte der Forderung nach dem Abbruch der Beziehungen und der Schließung der syrischen Botschaft eine Absage. Im Moment erwäge die Regierung nicht die Ausweisung des syrischen Botschafters, sagte der Sprecher. Es gebe aber eine "ganze Bandbreite von weiteren Schritten". Am Donnerstag war die Ausweisung von vier syrischen Diplomaten angeordnet worden, nachdem zwei Männer festgenommen worden waren, die mutmaßlich jahrelang syrische Oppositionelle in Deutschland ausforschten.
Diplomatische Bemühungen
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton sagte, Russland müsse der "Realität" ins Auge sehen und erkennen, was in Syrien vor sich gehe. Sie äußerte Enttäuschung über die Ablehnung der Resolution. Ashton appellierte an Russland, eine UNO-Resolution zu Syrien doch noch zu unterstützen. Russland dürfe die Gewalt gegen syrische Zivilisten nicht länger hinnehmen.
Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu sagte, die internationale Gemeinschaft dürfe nicht zusehen, wie in Syrien täglich "Massaker" angerichtet würden. Sein Land werde mit Nachdruck die Organisation einer internationalen Konferenz vorantreiben.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP