"Hauptfeind" der Stasi Roland Jahn folgt Birthler nach
29.10.2010, 17:12 UhrDie Stasi-Unterlagenbehörde braucht einen neuen Chef. Die Amtszeit der derzeitigen Behördenchefin Marianne Birthler endet im Frühjahr 2011. Heißer Anwärter ist der Journalist und frühere DDR-Oppositionelle Roland Jahn.

Roland Jahn bei der Open-Air-Ausstellung "Friedliche Revolution 1989/90" auf dem Alexanderplatz in Berlin.
(Foto: dpa)
Der ostdeutsche Fernsehjournalist Roland Jahn soll neuer Stasiakten-Beauftragter des Bundes werden. Der frühere DDR-Bürgerrechtler soll Berichten zufolge im kommenden Jahr die Nachfolge von Amtsinhaberin Marianne Birthler antreten. Der 57-Jährige kann bei der für Anfang 2011 geplanten Wahl im Bundestag auch auf Unterstützung der Opposition im Bundestag bauen.
In Regierungskreisen wurde betont, dass die Personalie noch nicht entschieden sei. "Die Gespräche laufen noch", hieß es.
Jahn stammt aus Jena, wo es eine sehr aktive Oppositionsszene gab. Von der dortigen Universität wurde er exmatrikuliert, nachdem er öffentlich gegen die Ausbürgerung des DDR-Liedermachers Wolf Biermann 1976 protestiert hatte. In den 80er Jahren unterstützte Jahn die polnische Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc - wofür er erst kürzlich die Dankbarkeitsmedaille der Solidarnosc erhielt - und beteiligte sich an oppositionellen Demonstrationen. Er wurde mehrfach verhaftet und schließlich zu 22 Monaten Haft verurteilt. Nach Protesten des Westens wurde er 1983 wieder freigelassen, dann jedoch gegen seinen Willen und mit Gewalt in die Bundesrepublik abgeschoben.
In der Bundesrepublik beschäftigte Jahn sich als Journalist mit dem SED-Regime. Das DDR-Ministerium für Staatssicherheit sah in ihm "einen Hauptfeind" und bespitzelte ihn auch in West-Berlin. Er arbeitet seither für das ARD-Magazin "Kontraste", in dessen Berichten bis zur Öffnung der DDR immer wieder die ostdeutsche Opposition zu Wort kam.
Sympathie selbst bei den Linken
Jahn soll von Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) für das Amt vorgeschlagen werden. Seine Kandidatur stößt dem Vernehmen nach auch bei SPD, Grünen und sogar bei den Linken auf Sympathie. "Roland Jahn ist ein durch und durch respektabler Vorschlag", sagte die Linken-Abgeordnete Luc Jochimsen der "Welt". "Ich kann mir gut vorstellen, dass unsere Fraktion keine durchgehende Ablehnung geben wird."
Birthler, die die Stasiunterlagen-Behörde seit Ende 2000 leitet, kann nach zwei Amtsperioden nicht wiedergewählt werden. Im Gespräch für die Nachfolge waren auch die Brandenburger Stasi-Unterlagen-Beauftragte Ulrike Poppe sowie der Berliner Oberkirchenrat David Gill.
Quelle: ntv.de, hvo/AFP/dpa