Empörung über Bundeswehrreform Städte verbittert über Schließungen
26.10.2011, 13:06 Uhr
31 Kasernen werden in Deutschland geschlossen.
(Foto: dpa)
Der letzte Schritt der Bundeswehrreform trifft einige Bürgermeister hart. Mit Wut und Enttäuschung reagieren sie auf die Schließung der Kaserne in ihrer Gemeinde. Einer wittert gar bösen Willen hinter der Entscheidung. Die wirtschaftlichen Negativ-Folgen für die Region seien immens. Doch nicht überall herrscht Empörung.
bringt gewaltige Einschnitte und Veränderungen mit sich – vor allem für die Standorte selbst. Begeistert über die von Verteidigungsminister Thomas de Maizière am heutigen Mittwoch verkündeten Entscheidung sind die wenigsten Betroffenen. Mit Empörung reagiert etwa Bürgermeister Manfred Fehr (SPD) aus dem nordhessischen Rotenburg an der Fulda. "Ich bin im höchsten Maße verärgert. Das ist ein schwerer Schlag für die Region", schimpft Fehr gegenüber n-tv.de.
Die Alheimer-Kaserne wird dichtgemacht, obwohl die Einrichtung erst vor kurzem für vier Millionen Euro saniert wurde und insgesamt 60 Millionen Euro für ein neues Wirtschaftsgebäude investiert werden sollten. "Da werden Steuergelder verpulvert", kritisiert Fehr. Erst vor wenigen Tagen hatte zudem Oberstleutnant Uwe Reinhardt das Kommando in der Kaserne übernommen.
"Unsere Region hat bei der CDU-Regierung keine Lobby"
Eine Begründung für die Schließung hat Fehr noch nicht erhalten. Doch der SPD-Politiker vermutet einen unsauberen Informationsfluss zum Verteidigungsminister. "Da wurden absichtlich getürkte Zahlen ins Spiel gebracht. Angeblich soll die Kaserne in Rotenburg die teuerste in Hessen sein. Nach der Sanierung ist sie das jedoch ganz gewiss nicht", betont Fehr und klagt: "Unsere Region hat bei der CDU-Regierung keine Lobby. Die Kaserne ist nicht die erste Einrichtung, die unter CDU-Hoheit geschlossen werden musste." Das Stadtoberhaupt nennt das Amtsgericht Rotenburg, den Bundesgrenzschutz in Bad Hersfeld oder mehrere Katasterämter.

Rotenburg an der Fulda ist der einzige Standort in Hessen, an dem die Kaserne geschlossen wird.
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In der Alheimer-Kaserne ist das 2006 neu aufgestellte Führungsunterstützungsbataillon 286 stationiert. Hinzu kommt noch die 6. Kompanie des Feldjägerbataillons 251. Das fällt nun alles weg. Die Folgen sind weitreichend. Laut Fehr wird das Gelände kaum mehr vermarktet werden können, da es keine günstige Verkehrsverbindung gebe. "Wir sind in Nordhessen außerdem stark vom Demografiewandel betroffen. Jetzt werden noch mehr qualifizierte Arbeitsplätze wegfallen und noch weitere junge Menschen die Stadt und die Region verlassen", sagt Fehr voraus. Auch wichtige Steuereinnahmen würden durch die Kasernen-Schließung wegfallen. Seine Befürchtung: Die Abwärtsspirale werde noch weiter nach unten gehen. "Der Letzte macht das Licht aus."
Beste Voraussetzungen für eine Kaserne
Auf Unverständnis stößt die Entscheidung des Verteidigungsministers auch in Schwanewede, einer 20.000-Einwohner-Gemeinde nördlich von Bremen. Seit 1958 ist die Garnison ein wichtiger Standort der Bundeswehr. Die Lützow-Kaserne ist mit 1130 Soldaten eine der größten militärischen Einrichtungen in Niedersachsen, das mit insgesamt nur drei Standort-Schließungen wenig betroffen ist.
"Warum gerade wir?", fragt sich nun Bürgermeister Harald Stehnken (SPD), "wir bringen doch die besten Voraussetzungen mit. Das haut uns um!" Die Soldaten seien im Alltagsleben fest verwurzelt. Umgekehrt würde sich die Bevölkerung seit über 50 Jahren außerordentlich mit der Kaserne identifizieren. Die Mieten in Schwanewede seien zudem günstig, die Betreuung für die Kinder der Soldaten im Kindergarten und der Schule vorbildlich. "Ich fordere Herrn de Maizière auf, uns zu erklären, warum unsere und nicht andere Kasernen geschlossen werden", sagt Stehnken.
Kaserne weicht Daimler-Prüfzentrum
Firmen und Vereine, die in der Kaserne ansässig sind, werden abwandern müssen, die wirtschaftlichen Auswirkungen der Schließung werden laut Stehnken immens sein. "Wir werden enorm powern müssen, um das auszugleichen", weiß der Bürgermeister. Ihm schwebt auf dem Gelände der Bundeswehr ein Freizeitzentrum vor. Doch wer dafür finanziell aufkommen soll, weiß auch er nicht. Die Kassen der Gemeinde sind leer. An eine Kompensation für den Wegfall der Kaserne glaubt er nicht. "Wir werden bestimmt kein Geld sehen."
Im Süden Deutschlands wird hingegen die Schließung einer Kaserne begrüßt. Große Teile der knapp 6000 Einwohner in Immendingen, einer Gemeinde im baden-württembergischen Landkreis Tuttlingen, haben gar um die Aufgabe gebeten. Der Grund: Durch die Schließung der Kaserne kann die Daimler AG ein ein Prüf- und Technologiezentrums auf der frei werdenden Fläche ansiedeln. Durch das Daimler-Prüfzentrum erhofft sich die Gemeinde neue Arbeitsplätze und wirtschaftliche Verbesserung durch neu hingewonnene Kaufkraft. "Wir haben es geschafft", kommentierte der Immendinger Bürgermeister Markus Hugger erleichtert die Nachricht aus Berlin.
Quelle: ntv.de