"Sudan hat uns den Krieg erklärt" Südsudan bittet China um Hilfe
24.04.2012, 15:24 UhrDie Erdölvorräte im Gebiet zwischen Sudan und Südsudan sorgen dafür, dass die Region keinen Frieden erlebt: Der Norden will sich nicht damit abfinden, einen Großteil seiner Ölreserven an den Süden verloren zu haben. China, das den Norden jahrelang mit Waffen belieferte, soll nun vermitteln.

Der südsudanesische Präsident Kiier und Chinas Präsident Hu Jintao in der Großen Halles des Volkes in Peking.
(Foto: AP)
Nicht einmal ein Jahr nach seiner Gründung als Staat sieht sich der Südsudan vom nördlichen Nachbarn Sudan bedroht. Angesichts neuer Luftangriffe in der Grenzregion beklagte der südsudanesische Präsident Salva Kiir bei einem Besuch in Peking, die Regierung des sudanesischen Präsidenten Omar al-Baschir habe seinem Land "den Krieg erklärt".
Die Republik Südsudan wurde am 9. Juli 2011 vom Sudan unabhängig. Von Anfang an gab es zwischen beiden Ländern Streit um Erdölvorräte: Der Sudan hat mit der Unabhängigkeit des Südens drei Viertel seiner Ölreserven eingebüßt. Der Süden ist wiederum darauf angewiesen, das Öl über Pipelines durch den Norden zu exportieren.
Dass Kiir sich während eines China-Besuchs äußerte, hat eine pikante Note: Peking ist ein langjähriger enger Verbündeter von Baschir. Während des blutigen Bürgerkriegs hatte die Volksrepublik dem Norden Waffen zur Niederwerfung der Rebellen im Süden geliefert.
China übernimmt Rolle des Vermittlers
In Peking eröffnete Kiir die erste Botschaft seines Landes im Ausland. Seit der Unabhängigkeit Südsudans bemüht sich China um einen Ausgleich zwischen Süden und Norden. "Wir hoffen, dass die beiden Länder mit Dialog und Beratungen den Konflikt beilegen können", sagte ein chinesischer Außenamtssprecher. China bezieht sowohl aus dem Sudan als auch aus dem Südsudan Erdöl.
Sein Besuch in China erfolge zu einem "kritischen Zeitpunkt", sagte Kiir. Unterdessen beklagte der Gouverneur des südsudanesischen Bundesstaates Unity, Taban Deng, dass die Truppen des Nordens alle Appelle zum Gewaltverzicht in den Wind schlügen. Er warnte, "auch Außenseiter" könnten "beißen".
An der Grenze zwischen Sudan und Südsudan wird bereits seit Wochen gekämpft. Die Kämpfe um das Ölfeld Heglig an der teilweise noch nicht festgelegten Grenze waren zuletzt besonders heftig. Die sudanesische Luftwaffe flog ihre jüngsten Angriffe, obwohl sich die südsudanesische Armee zuvor von dem umstrittenen Ölfeld zurückgezogen hatte.
UN und USA fordern Ende der Kämpfe
Die jüngsten Luftangriffe richteten sich laut offiziellen südsudanesischen Angaben auf Ziele bis zu 25 Kilometer südlich der umkämpften Grenze. Die Grenzorte Panakwach und Lalop im Bundesstaat Unity und der Grenzposten Teshwin seien bombardiert worden, sagte Gouverneur Deng. In das Krankenhaus von Bentiu seien mehrere Verletzte gebracht worden, darunter Bauern und Soldaten.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und US-Präsident Barack Obama forderten ein sofortiges Ende der Gewalt. Es gebe in diesem Konflikt "keine militärische Lösung", sagte Ban. Obama sagte, die Präsidenten Kiir und Baschir müssten den Mut zu Verhandlungen aufbringen. "Das Töten von Unschuldigen muss ein Ende haben." Die Afrikanische Union verlangte von beiden Staaten, sie müssten "guten Willen" beweisen und die bereits geschlossen Abkommen erfüllen.
Britische Grenze von 1956 ist unklar
Laut Friedensvertrag von 2005, der den jahrzehntelangen Bürgerkrieg zwischen dem islamisch geprägten Norden und dem überwiegend christlichen Süden des Landes beendete und die Weichen für die Unabhängigkeit des Südsudan stellte, sollte sich der Grenzverlauf an den Grenzen von 1956 orientieren. Damals hatte der Sudan die Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Großbritannien erlangt.
Unter britischer Herrschaft war das Land bereits in einen nördlichen und einen südlichen Landesteil aufgeteilt, die unterschiedlich verwaltet wurden. Die Grenze wurde jedoch nie markiert und die Landkarten aus der damaligen Zeit sind teilweise widersprüchlich. Die Konsequenz: Mehr als ein Fünftel der 1800 Kilometer langen Grenze zwischen dem Nord- und dem Südsudan ist bis heute umstritten, darunter sind auch besonders fruchtbare und rohstoffreiche Regionen.
Quelle: ntv.de, hvo/AFP