Politik

Demonstranten im Grenzgebiet im Visier Syrische Armee rückt weiter vor

Das Fernsehbild zeigt syrische Soldaten auf ihren Panzern kurz vor der türkischen Grenze.

Das Fernsehbild zeigt syrische Soldaten auf ihren Panzern kurz vor der türkischen Grenze.

(Foto: dpa)

Die Situation im Grenzgebiet zwischen Syrien und der Türkei spitzt sich zu: Die Sicherheitskräfte von Präsident Baschar el Assad sind auf dem Vormarsch und gehen rigoros gegen Regimegegner vor. Zuvor werden nach den Freitagsgebeten im ganzen Land mindestens 15 Menschen getötet.

Die Spannungen an der Grenze zwischen Syrien und der Türkei steigen zunehmend. Die syrische Armee ist nach Angaben eines Menschenrechtlers in ein weiteres Dorf nahe der türkischen Grenze vorgerückt. Mit Panzern und Truppentransportern seien die Streitkräfte nach El Nadschia zwischen der Hafenstadt Lattakia und der Protesthochburg Dschisr el Schugur eingedrungen, sagte der Chef der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman.

Bereits am Donnerstag waren Sicherheitskräfte in den Weiler Chirbet al-Dschoos vorgestoßen, der nur einige hundert Meter von der Grenze zur Türkei entfernt liegt. Dort lagerten Hunderte Syrer unter freiem Himmel. Polizei und Geheimdienst im Schlepptau der Armee machen in der Provinz Idlib Jagd auf mutmaßliche Aufständische und Regimegegner.

Demonstranten in Damaskus.

Demonstranten in Damaskus.

(Foto: REUTERS)

US-Außenministerin Hillary Clinton warnte angesichts dieser Entwicklungen vor einer Ausweitung der Krise. Die Gefahr potenzieller Grenzzwischenfälle steige, "wenn die syrischen Truppen nicht sofort ihre Angriffe und Provokationen einstellen", sagte Clinton in Washington. "Diese aggressive Aktion wird nur die ohnehin instabile Lage der Flüchtlinge in Syrien weiter verschlimmern."

Freitagsproteste fordern 18 Opfer

Beim gewaltsamen Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen Proteste nach dem Freitagsgebet sind mindestens 18 Menschen getötet worden. In der Stadt Kiswah in der Nähe der Hauptstadt eröffneten die Sicherheitskräfte das Feuer auf einen Demonstrationszug, der von der Moschee aufgebrochen war, wie Mohammed Enad Suleiman von der Syrischen Organisation für Menschenrechte mitteilte. Dabei seien fünf Menschen getötet und sechs weitere verletzt worden.

In Damaskus setzten die Sicherheitskräfte zunächst Tränengas ein, um eine Demonstration im Viertel Barseh aufzulösen, bevor sie das Feuer eröffneten, wie ein anderer Aktivist berichtete. Dabei seien fünf Menschen getötet und 25 weitere verletzt worden. Am Abend hätten die Sicherheitskräfte bei Razzien dutzende Menschen festgenommen, eine Ausgangssperre sei verhängt worden. Das Staatsfernsehen berichtete dagegen, "bewaffnete Männer" hätten in Barseh drei Zivilisten erschossen und mehrere Soldaten verletzt.

Panzer blockieren Trauerzug

Nach Angaben eines weiteren Aktivisten schossen die Sicherheitskräfte auch im zentralsyrischen Homs in mehreren Vierteln auf Demonstranten. Dabei seien drei Menschen getötet und rund 20 weitere verletzt worden. Zudem seien in einer nahegelegenen Ortschaft zwei Menschen getötet worden. In Mareh in der Nähe von Aleppo im Norden des Landes seien außerdem bei Protesten gegen die Regierung am Abend zwischen 70 und 80 Demonstranten festgenommen worden, berichteten Oppositionsaktivisten.

Die Truppen von Präsident Baschar el Assad greifen hart durch.

Die Truppen von Präsident Baschar el Assad greifen hart durch.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Wie jede Woche gingen in Syrien nach den Freitagsgebeten wieder zehntausende Menschen auf die Straßen, um den Rücktritt der Regierung von Präsident Baschar el Assad zu fordern. Rami Abdel Rahman von der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte demonstrierten allein in der am Euphrat gelegenen Stadt Deir Essor 30.000 Menschen. Menschenrechtsaktivisten zufolge starben seit Beginn der Proteste Mitte März mehr als 1300 Menschen. Mehr als 10.000 weitere wurde demnach festgenommen.

Syrische Panzer haben indes in Kiswa bei Damaskus einen Begräbniszug für vier Demonstranten verhindert, die am von Sicherheitskräften getötet worden waren. Die Angehörigen mussten ihre Opfer ohne die üblichen Trauerprozessionen auf dem Friedhof begraben. Das berichteten syrische Aktivisten.

Weitere Menschen fliehen in die Türkei

Die Militäroffensive gegen die Protestbewegung treibt immer mehr Syrer in die Türkei. Wie die türkische Nachrichtenagentur Anadolu meldete, flüchteten mehr als 1500 Menschen aus dem Nachbarland auf türkisches Gebiet. Die meisten Neuankömmlinge hätten zunächst auf syrischer Seite in provisorischen Lagern ausgeharrt und seien dann vor der anrückenden Armee geflohen. Nach Angaben der Provinzregierung sind mittlerweile mehr als 11.700 Menschen aus Syrien in die Türkei geflohen.

Der Flüchtlingsstrom an der Grenze zwischen Syrien und der Türkei reißt nicht ab.

Der Flüchtlingsstrom an der Grenze zwischen Syrien und der Türkei reißt nicht ab.

(Foto: REUTERS)

Die Europäische Union dringt angesichts der anhaltenden Gewalt auf eine Verurteilung Syriens durch den UN-Sicherheitsrat. Das Gremium müsse eine "angemessene Antwort" auf die Situation in Syrien geben, heißt es in der Abschlusserklärung des EU-Gipfels, die die 27 Staats- und Regierungschefs in Brüssel verabschiedeten. Die EU verurteile "in schärfster Weise die anhaltende Unterdrückung sowie die inakzeptable und schockierende Gewalt", mit der Syrien gegen die eigene Bevölkerung vorgehe.

Die EU veröffentlichte eine Liste mit Namen von Personen und Institutionen, die nun ebenfalls mit Sanktionen belegt werden. Darin werden auch drei hohe Offiziere der iranischen Revolutionsgarden benannt. Sie sollen das Vorgehen der syrischen Führung aktiv unterstützt haben.

Quelle: ntv.de, AFP/rts/dpa

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