Politik

Joschka Fischers Vereidigung bleibt unvergessen Tabubruch in Turnschuhen

Das Bild ist unvergessen: In weißen Turnschuhen legte Joschka Fischer vor 25 Jahren als erster grüner Minister den Amtseid ab. Es war eine Provokation. Das saloppe Schuhwerk steht heute im Museum.

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Hessens Ministerpräsident Börner (l) vereidigt am 12.12.1985 im hessischen Landtag in Wiesbaden den grünen Umweltminister Fischer, der in Turnschuhen erschien.

(Foto: dpa)

Zusammen mit ihrem Träger wurden sie berühmt: Die weißen Turnschuhe, die Joschka Fischer bei seiner Vereidigung zum ersten grünen Minister vor 25 Jahren im Wiesbadener Landtag trug. Was heute nicht mehr groß auffallen würde, war damals eine Provokation. Fischer hat es später als Bundesaußenminister nach Berlin geschafft, die Schuhe ins Museum: Seit 1990 stehen sie im Deutschen Schuhmuseum in Offenbach und gelten dort bis heute als Hauptattraktion.Fischer lieh die Schuhe auf Bitten des Museums dauerhaft nach Offenbach aus, erinnert sich Rosita Nenno, die Chefin des Schuhmuseums. Zunächst wurden sie dort in einer Einzelvitrine präsentiert, zusammen mit dem Foto der Vereidigung Fischers zum hessischen Umweltminister am 12. Dezember 1985. Doch das Museum hatte nicht viel von der Dauerleihgabe: Andere Ausstellungshäuser und vor allem Fernsehsender überhäuften Nenno mit Anfragen.

Neben Madonnas Plateauschuhen

Damit war Schluss nach einer Talkshow, in der die Schuhe zusammen mit Fischer dafür herhalten mussten, die Fähigkeiten eines Drogen-Spürhundes vorzuführen. Die Museumschefin verhängte einen Ausleihstopp. "Das war ein Niveau, das wir nicht bedienen wollen", berichtet sie. Heute sind die Turnschuhe in Offenbach zusammen mit dem Schuhwerk anderer Prominenter ausgestellt, darunter Plateauschuhe von Madonna und den Spice Girls sowie Wanderschuhe des früheren Bundespräsidenten Karl Carstens.

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Die Turnschuhe sind heute im Deutschen Ledermuseum in Offenbach ausgestellt.

(Foto: dpa)

Dass die Schuhe so berühmt werden würden, hatten vor 25 Jahren weder Fischer noch seine Parteifreunde geahnt, wie der damalige Grünen-Fraktionschef Jochen Vielhauer sagt. Die Aktion war als Gag gedacht und sollte Reaktion darauf sein, dass die erst drei Jahre zuvor in den Landtag eingezogenen Grünen-Abgeordneten von den anderen herablassend als "Turnschuh-Fraktion" bezeichnet wurden. Die Grünen hatten die etablierte Ordnung des Hauses durcheinandergewirbelt - auch was die Kleidung betraf, wie Vielhauer berichtet. Täglich mit Schlips und Anzug zu erscheinen sei für sie nicht infrage gekommen.

Nicht hoffähig

Die bundesweit erste rot-grüne Koalition war nach zähen Verhandlungen im Oktober 1985 vereinbart worden und innerhalb wie außerhalb der Grünen umstritten. SPD-Ministerpräsident Holger Börner beendete damit eine mehrjährige Übergangsphase, in der er teils nur mit wechselnden Mehrheiten regieren konnte. Die Grünen, die heute in Umfragen auf Werte um die 20 Prozent kommen, galten vor 25 Jahren vielen als nicht hoffähig. Auch der SPD-Politiker Börner war zuvor nicht gerade als Sympathisant der Bewegung aus Alternativen, Umweltbewegten und Straßenkämpfern aufgefallen.

Bereits rund 14 Monate später, am 9. Februar 1987, zerbrach das rot-grüne Regierungsbündnis im Streit über eine inzwischen längst geschlossene Atomfabrik in Hanau. Die folgenden Landtagswahlen gewann Schwarz-Gelb, erstmals wurde mit Walter Wallmann ein CDU-Politiker hessischer Ministerpräsident.

Quelle: ntv.de, Isabell Scheuplein, dpa

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