Politik

Geheimverhandlungen in Dubai Taliban heftig umworben

Verhandlungsfähig? Taliban-Kämpfer in Afghanistan.

Verhandlungsfähig? Taliban-Kämpfer in Afghanistan.

(Foto: REUTERS)

Die Afghanistan-Konferenz in London rückt die Taliban in den Mittelpunkt der Friedensbemühungen: Zum einen reicht der Westen kriegsmüden Mitläufern die Hand zur Versöhnung. Zum anderen sucht die internationale Gemeinschaft auch den direkten Kontakt zu ihren Kriegsgegnern. Die UN sollen bereits Geheimverhandlungen führen.

Zwischen Kommandeuren der Taliban und Vertretern der Vereinten Nationen hat es UN-Kreisen zufolge bereits ein geheimes Treffen zur Vorbereitung von Friedensverhandlungen gegeben. Die Gespräche hätten am 8. Januar in Dubai stattgefunden. Das Treffen mit dem UN-Sondergesandten für Afghanistan, Kai Eide, sei auf Bitten der Taliban zustande gekommen. Es habe auf einer höheren Ebene stattgefunden als bislang bekannte Gespräche 2008 in Saudi Arabien. Eide selbst wollte sich nicht dazu äußern, ob es ein solches Treffen gegeben hat oder nicht.

Mit Blick auf die Bemühungen erklärten die Taliban, sie hätten noch nicht über eine Teilnahme an möglichen Friedensverhandlungen mit der afghanischen Regierung entschieden. Die Taliban-Führer würden darüber aber bald befinden, sagte ein Sprecher der Extremistenorganisation. Der afghanische Präsident Hamid Karsai hatte die Extremisten auf der Afghanistan-Konferenz zu Gesprächen eingeladen.

Westerwelle lobt Ergebnisse

In London hatten Vertreter aus rund 70 Ländern ein gemeinsames Vorgehen beschlossen, um acht Jahre nach dem Sturz des Taliban-Regimes Frieden ins zerrüttete Afghanistan zu bringen und den Abzug der internationalen Truppen einzuleiten. Die Kontrolle über die Sicherheit soll noch dieses Jahr schrittweise an die afghanische Polizei und Armee übertragen werden. Außerdem forderten die Konferenzteilnehmer von Präsident Karsai Fortschritte bei der Korruptionsbekämpfung und der Entwicklung eigener Institutionen.

Außenminister Guido Westerwelle verteidigte nach Abschluss des Treffens die Ergebnisse der Konferenz gegen Kritik. Es gebe keine Garantie, dass der von der Staatengemeinschaft beschlossene Strategiewechsel erfolgreich sei, sagte er der ARD. Aber "den alten Weg weiterzugehen, dass wäre garantiert erfolglos gewesen". Mit dem Vorhaben, Taliban-Kämpfer mittels materieller Anreize zum Ausstieg zu bewegen, werde man zwar "nicht an den harten Kern herankommen"; auch gebe es noch "im Detail eine Menge Arbeit zu leisten". Aber man fange nicht bei Null an, sagte Westerwelle mit Blick auf die Gespräche der UN.

Kritik aus Afghanistan

Westerwelle ist vom Konzept des Taliban-Aussteigerprogramms überzeugt - äußert aber auch leise Zweifel am Erfolg der Gesamtstrategie.

Westerwelle ist vom Konzept des Taliban-Aussteigerprogramms überzeugt - äußert aber auch leise Zweifel am Erfolg der Gesamtstrategie.

(Foto: AP)

Karsais unterlegener Konkurrent bei der Präsidentenwahl, Ex-Außenminister Abdullah Abdullah, kritisierte das Taliban-Ausstiegsprogramm. Es sei besser "in die Zukunft der Menschen zu investieren, die nichts mit den Taliban zu tun haben", sagte Abdullah der "Welt" am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos. Auch afghanische Bürgerrechtsgruppen und Frauenverbände erklärten, die internationale Gemeinschaft dürfe kein Programm verabschieden, das Terrorismus und die Taliban weiter unterstütze.

Die Konferenzteilnehmer in London.

Die Konferenzteilnehmer in London.

(Foto: AP)

SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold reagierte zurückhaltend auf das Treffen in London. "Man sollte die Konferenz nicht unterbewerten, man darf sie aber auch nicht überschätzen", sagte Arnold bei n-tv. Letztendlich werde nun das nachvollzogen, was seit einem halben Jahr in der Staatengemeinschaft diskutiert worden sei. Zugleich machte Arnold deutlich: "In Afghanistan haben wir Distrikte und Provinzen, wo die Taliban in den letzten Jahren auf dem Vormarsch waren. Dort bedarf es neuer Antworten und wir mussten lernen: Militärische Antworten alleine sind in keiner Weise erfolgreich."

USA wollen keine "Ausstiegsstrategie"

Nach Ansicht Westerwelles gibt es für die deutschen Soldaten in Afghanistan jetzt eine klare Abzugsperspektive. Im Jahr 2014 könne die "vollständige Übergabe der Verantwortung an die afghanische Regierung" gelungen sein. Berlin will aber zunächst das deutsche Kontingent von derzeit 4500 um 850 Soldaten aufstocken. Die USA schicken im Kampf gegen die Taliban und das Terrornetzwerk Al-Kaida 30.000 zusätzliche Soldaten.

US-Außenministerin Hillary Clinton betonte allerdings, dass es sich bei den Beschlüssen von London um keine "Ausstiegsstrategie" handele. Es gehe darum, den Afghanen zur Seite zu stehen.

Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Ruprecht Polenz, warnte vor einem zu schnellen Rückzug. Mit einem sofortigen Abzug würde der "gleiche Fehler" wie damals nach dem Rückzug der sowjetischen Armee aus dem Land begangen, sagte Polenz der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Damals sei das Land sich selbst überlassen geblieben und zur "Heimstatt des Terrorismus" geworden.

Quelle: ntv.de, tis/rts/dpa/AFP

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