Politik

Mit scharfen Waffen gegen Isis? US-Kampfjets kreisen über dem Irak

Start vom Deck des US-Flugzeugträgers: Im Arsenal der US-Streitkräfte wird die "Hornet" als Mehrzweckkampfflugzeug geführt.

Start vom Deck des US-Flugzeugträgers: Im Arsenal der US-Streitkräfte wird die "Hornet" als Mehrzweckkampfflugzeug geführt.

(Foto: REUTERS)

Der Vormarsch fanatischer Isis-Kämpfer im Irak zwingt US-Präsident Obama zum Handeln. Einem TV-Sender zufolge fliegen US-Piloten bereits Scheinangriffe auf Stellungen der Extremisten. Lässt sich Washington ungewollt in einen größeren Konflikt hineinziehen?

Einsatzort Irak: Zweieinhalb Jahre nach dem offiziellen Abzug kehren US-Jets in den irakischen Luftraum zurück.

Einsatzort Irak: Zweieinhalb Jahre nach dem offiziellen Abzug kehren US-Jets in den irakischen Luftraum zurück.

US-Kampfflugzeuge vom Typ F-18 "Hornet" haben nach Informationen des TV-Senders "Fox News" Überwachungsflüge über dem Irak begonnen. Sie würden vom Flugzeugträger "George H.W. Bush" im Persischen Golf starten, zitiert der Sender namentlich nicht genannte Regierungsbeamte.

Präsident Barack Obama hatte zuvor "bemannte und unbemannte" Aufklärungsflüge gebilligt. Die zweistrahligen Kampfjets des Typs F-18 sind allerdings keine üblichen Aufklärungsflugzeuge mit besonderer Ausstattung an Überwachungselektronik, sondern werden in der Regel vor allem als Jäger im Luftkampf und als Jagdbomber für gezielte Luftschläge gegen Bodenziele eingesetzt. "Es geht weniger darum zu sehen, als gesehen zu werden", erklärte ein Beamter dem Sender.

Mit der demonstrativen Waffenschau am Himmel setzt die US-Regierung demnach zunächst auf Abschreckung. Ob es dabei zu tatsächlichen Kampfhandlungen gekommen ist, blieb zunächst offen. Unwahrscheinlich erscheint, dass die USA ihre Piloten unbewaffnet in den Einsatz in ein Konfliktgebiet schicken.

Mit einem Bein im Krieg

Für Militärexperten wirft das Vorgehen einige Fragen auf: Um aus der Sicht der Extremisten als US-Einheiten erkennbar zu sein, müssten die Piloten ihre Kampfjets vergleichsweise nahe an den Boden herunterbringen. In niedrigeren Flughöhen wären sie allerdings auch dem Feuer konventioneller Flugabwehrgeschütze ausgesetzt.

Scheinangriffe auf Stellungen von Kämpfern der Gruppe Islamischer Staat im Irak und in Syrien (Isis) bergen damit auch ein erhöhtes Risiko durch gezielte Schüsse oder Zufallstreffer aus Maschinenkanonen getroffen zu werden - von etwaig vorhandenen tragbaren Flugabwehrraketen ganz zu schweigen. Dass die Isis-Kämpfer über solche Waffen verfügen, erscheint nicht ganz abwegig: In Syrien hatten Aufständische bereits mehrere Hubschrauber des Assad-Regimes mit solchen schultergestützten Flugabwehrsystemen angegriffen.

Mit dem Einsatz rückt ein direktes Eingreifen Washingtons immer näher. Sollte einer der Piloten im irakischen Luftraum in Schwierigkeiten geraten oder seine Maschine gar von Boden-Luft-Raketen abgeschossen werden, wäre das Pentagon wohl zu einer massiv verteidigten Rettungsoperation gezwungen. Entsprechende Planungen für den Notfall liegen aller Wahrscheinlichkeit nach längst fertig ausgearbeitet in der Schublade. Damit wäre der Einsatz von Bodentruppen im begrenzten Ausmaß wohl nicht mehr zu vermeiden.

Ansprache zur Lage im Irak

Obama wollte sich noch im Tagesverlauf zur Lage im Irak äußern. Die Regierung in Bagdad hatte die USA zuvor ausdrücklich um Luftangriffe auf die Extremisten gebeten. Dies hatte Washington bislang im Gegensatz zur Entsendung von Bodentruppen bisher nicht ausgeschlossen.

Nach Angaben der Regierung in Bagdad ist die umkämpfte größte Ölraffinerie des Irak wieder unter Kontrolle der staatlichen Sicherheitskräfte. Wie das Ölministerium erklärte, sind sowohl die Anlagen in Baidschi als auch die nähere Umgebung von der Regierung gesichert.

Trotz der militärischen Fortschritte im Kampf gegen die Extremisten liegen in Bagdad offenbar noch die Nerven blank: Das Ölministerium drohte internationalen Nachrichtenagenturen mit Klagen, wenn sie "falsche Informationen" über eine Eroberung von Teilen der Raffinerie durch Isis-Kämpfer verbreiteten.

Scharfe Schüsse in der Raffinerie

Im Umfeld der Raffinerie war es zuvor zu heftigen Gefechten zwischen Regierungstruppen und Isis-Kämpfern gekommen. Dabei wurde nach offiziellen Angaben auch die irakische Luftwaffe eingesetzt. Der Nachrichtensender "Al-Arabija" berichtete, bei der Bombardierung seien auch Teile der Raffinerie beschädigt worden und Feuer ausgebrochen. Die meisten Arbeiter hätten das Gelände in einer Gefechtspause verlassen können. Der Betrieb war bereits am Dienstag eingestellt worden.

In Baidschi rund 200 Kilometer nördlich von Bagdad steht neben der wichtigen Raffinerie - von der viele Tankstellen des Landes ihren Treibstoff beziehen - auch ein Elektrizitätswerk, von dem aus die Hauptstadt mit Strom versorgt wird.

Spezialeinheiten für Bagdad?

Konfrontiert mit der unerwartet erfolgreichen Offensive der Isis-Truppen im Irak, erwägen die USA nach Angaben aus Regierungskreisen unter anderem auch die Entsendung von weiteren Spezialkräften nach Bagdad. Präsident Obama tendiere zu dieser Variante eines begrenzten Eingreifens in den Konflikt, erklärte ein Vertreter der Regierung in Washington. Demnach sollen bereits in der Region stationierte Soldaten die irakische Armee unterstützen.

Isis-Kämpfer hatten in der vergangenen Woche Teile des Nordiraks unter ihre Kontrolle gebracht. Dabei wurde sie auch von Mitgliedern der sunnitischen Minderheit im Irak unterstützt, die der Regierung des schiitischen Ministerpräisdenten Nuri al-Maliki eine systematische Benachteiligung vorwirft.

Zu Wochenbeginn hatte Obama bereits die Entsendung von 275 Soldaten zum Schutz der Botschaft in Bagdad und der US-Bürger im Irak angekündigt. Die USA helfen der irakischen Regierung zudem mit Waffenlieferungen und Geheimdienstinformationen für die Armee. Außerdem bilden US-Kräfte irakische Truppen in Drittländern aus. Ende 2011 hatten die USA ihren Kampfeinsatz im Irak beendet.

Quelle: ntv.de, mmo/AFP/dpa

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