Islamische Proteste: Al-Kaida am Werk? USA entsenden Kriegsschiffe
13.09.2012, 05:50 Uhr
In Kairo werden wieder US-Flaggen verbrannt.
(Foto: REUTERS)

Demonstration vor der US-Botschaft in Tunis.
(Foto: dpa)
Libyen, Ägypten, Tunesien, Marokko: In immer mehr Ländern protestieren die Menschen gegen einen aus den USA stammenden umstrittenen Mohammed-Film. US-Flaggen werden verbrannt, die Polizei setzt Tränengas ein, Molotow-Cocktails fliegen. Die Stimmung ist angespannt. Die USA wollen in all dem die Handschrift der Terrororganisation Al-Kaida wiedererkennen, zwei Kriegsschiffe sind auf dem Weg.
Ägyptens Hauptstadt Kairo kommt nicht zur Ruhe. Die Proteste gegen die USA wegen eines umstrittenen Mohammed-Films dauern an. Gleichzeitig weiten sich die Proteste aus und greifen auf andere Länder über. Zudem deutet immer mehr darauf hin, dass der Angriff auf das US-Konsulat in der libyschen Stadt Bengasi, bei dem vier Menschen getötet wurden, möglicherweise einen terroristischen Hintergrund haben. Washington reagiert: Kriegsschiffe sind auf dem Weg zur libyschen Küste.
In Kairo feuerten in der Nacht Sicherheitskräfte in der Nähe der US-Botschaft mit Tränengas auf Demonstranten, die mit Steinen warfen. Augenzeugen berichteten von Demonstranten mit Molotow-Cocktails und von Rauch in einer der Straßen, die zur US-Botschaft führen. Im Fernsehen waren Hunderte vor dem Gebäude der US-Vertretung zu sehen. Der staatlichen Nachrichtenagentur Mena zufolge gab es Verletzte. Eine genaue Zahl nannte sie jedoch nicht.
Die Proteste dauern seit Dienstag an, als in der libyschen Stadt Bengasi bei einem Angriff auf das US-Konsulat der Botschafter und drei Mitarbeiter getötet. Die Proteste gegen den aus den USA stammenden und den Propheten Mohammed schmähenden Film hatten zuvor in Kairo begonnen. Dort hatten sich rund 2000 Menschen versammelt. Dabei wurde die US-Flagge heruntergerissen und verbrannt. Islamisten riefen für Freitag zu landesweiten Kundgebungen auf. Am Dienstag war der 11. September und der elfte Jahrestag der Anschläge auf das World Trade Center in New York. Dieses Datum ist für islamistische Terroristen hochsymbolisch.
Proteste auch in anderen Ländern
Die blutigen anti-amerikanischen Proteste entzünden sich aneinem Film mit dem Titel "Unschuld der Muslime". Ursprünglich wurdeein gewisser Sam Bacile als Macher des islamfeindlichen Films gehandelt, mittlerweileist klar, dass dies ein Pseudonym ist. Laut BBC könnte der Film Ende Juni ineinem kleinen Kino in Los Angeles gezeigt worden sein. Nur wenig später tauchteer im Internet auf. Die auf Youtube veröffentlichten Sequenzen des Films sind eineArt Trailer. Darin wird der Prophet als Schürzenjäger und Pädophilerdargestellt. Ein Ägypter namens Morris Sadek ist laut "Wall StreetJournal" verantwortlich dafür, dass das Video in der arabischen Weltbekannt wurde. Anfang September habe der in Washington lebende koptische ChristJournalisten weltweit einen Link zu dem Video geschickt. In Ägypten übersetzteneinige das Video auf Arabisch und veröffentlichten es.
Gegen den islamkritischen Film demonstrierten auch in Tunesien hunderte Menschen. Unweit der Hauptstadt Tunis setzte die Polizei Tränengas gegen rund 300 Demonstranten ein, die auf das Gelände der dortigen US-Botschaft vordringen wollten, wie ein AFP-Fotograf berichtete. Offiziellen Angaben zufolge wurden fünf Menschen festgenommen, mindestens zwei Polizisten wurden nach Angaben der Sicherheitskräfte verletzt.
Die Menge, darunter auch viele Frauen, gehörten offenbar der Salafisten-Bewegung an und hatten zunächst friedlich demonstriert. Später verbrannten sie eine US-Fahne und riefen US-feindliche Parolen.
Auch in Casablanca in Marokko gingen bis zu 400 Menschen auf die Straßen. Dutzende protestierten zudem im Gazastreifen gegen die USA. Vor dem Sitz der Uno zündeten sie US-Fahnen an.
Das iranische Außenministerium verurteilte den Film als "schändlich". Mehrere iranische Medien, darunter die Nachrichtenagenturen Isna, Fars und Mehr, kündigten zudem eine Demonstration vor der Botschaft der Schweiz in Teheran an, die in dem Land die Interessen der USA vertritt.
Al-Kaida am Werk?
Indes wurde bekannt, dass der Angriff auf das US-Konsulat in Bengasi möglicherweise einen terroristischen Hintergrund. Die Attacke trage "klar" die Handschrift des Terrornetzwerks Al-Kaida, sagte der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im US-Repräsentantenhaus, Mike Rogers, dem Sender CNN. Auch aus Regierungskreisen in Washington hieß es, die Geheimdienste gingen mittlerweile von einem geplanten Angriff aus. "Das ist derzeit die Arbeitshypothese", sagte ein ranghoher Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur AFP.
Zunächst hatte es geheißen, dass es sich um einen spontanen Angriff einer wütenden Menge gehandelt habe. Laut Rogers deutet aber viel auf einen Terroranschlag hin. "Seit Monaten haben wir beobachtet, wie Al-Kaida nach westlichen Zielen Ausschau gehalten hat", sagte der US-Abgeordnete. "Das fand überall in Nordafrika statt. Wir haben bestimmte Aktivitäten beobachtet, die einen glauben lassen können, dass es eine mit Al-Kaida verbündete Gruppe war."
Die US-Marine hat zwei Kriegsschiffe an die Küste Libyens geschickt. Die beiden Zerstörer sowie ein 50-köpfiges Marineteam würden als "Präventivmaßnahme" entsendet, sagte ein US-Regierungsvertreter, der anonym bleiben wollte. Bereits zuvor war aus dem Pentagon verlautet, dass die US-Armee eine Anti-Terror-Einheit nach Libyen schickt.
Quelle: ntv.de, AFP/rts