Politik

US-General a.D. bei Illner "Ukraine könnte Krim bis zum Sommer befreien"

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Das aktuelle Kriegsziel der Ukraine sei, die Krim zu isolieren, sagt der amerikanische Generalleutnant a. D. Ben Hodges.

Das aktuelle Kriegsziel der Ukraine sei, die Krim zu isolieren, sagt der amerikanische Generalleutnant a. D. Ben Hodges.

(Foto: ZDF und Jule Roehr)

Seit Wochen bereitet die ukrainische Armee eine Großoffensive vor. Im Moment greift sie russische Ziele in der Ukraine an. Ist das schon der Beginn der Offensive? Das ist eines der Themen, über das Maybrit Illner in ihrer ZDF-Talkshow mit ihren Gästen diskutiert.

Die ukrainische Armee bereitet sich auf die lange erwartete Großoffensive vor. Das ist auch dringend nötig, denn der Krieg in Osteuropa sollte möglichst schnell ein Ende finden. In den USA beginnt bald der Wahlkampf, nächstes Jahr wird dort ein neuer Präsident gewählt. Unklar ist, wie sich die Politik der Vereinigten Staaten verändern könnte, sollte Donald Trump die Wahlen gewinnen. Europäische Politiker fürchten, Trump könnte einen Deal mit dem russischen Präsidenten Putin aushandeln. Vor kurzem hatte Trump erklärt, er werde den Krieg in der Ukraine innerhalb von 24 Stunden beenden. Die Politiker in Washington fürchten zudem einen möglichen Angriff Chinas auf Taiwan. Wie unter diesen Umständen die Unterstützung der Ukraine aussehen könnte, ist ungewiss.

Die USA werden die Ukraine weiter unterstützen, ist sich der amerikanische Generalleutnant a. D. Ben Hodges sicher. Er ist einer der Gäste in der ZDF-Talkshow Maybrit Illner am Donnerstagabend, die sich mit der aktuellen Situation in der Ukraine beschäftigt. Allerdings stört ihn, dass bisher weder die Regierung in Washington noch die Staatschefs der wichtigsten europäischen Länder einen Sieg der Ukraine fordern. "Die wichtigste Aufgabe unserer Staatsoberhäupter ist, klar zu sagen, was das Ziel des Krieges sein soll", verlangt Hodges. "Das fehlt, und das führt dazu, dass wir nur Schritt für Schritt Dinge anbieten können und stattdessen Entschuldigungen dafür finden müssen, warum wir bestimmte Waffensysteme nicht liefern. Wir müssen also ein Endziel definieren, und das sollte der Sieg der Ukraine sein." Die Ukraine müsse Langstreckenraketen bekommen, um die Krim zu isolieren und für die russischen Streitkräfte unhaltbar zu machen.

Auch Europa müsse der Ukraine weiter helfen, fordert der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn. Die russische Führung sei sehr nervös, das beweise die Reaktion auf die beiden angeblichen Drohnenangriffe auf den Kreml in Moskau. Russland hatte am Mittwoch den Abschuss von zwei ukrainischen Drohnen gemeldet, die angeblich den russischen Regierungssitz angreifen wollten. Die Gäste der Sendung sind sich einig: Sie halten die Meldung für russische Propaganda. Und dennoch: "Die Essenz von Putins Regime ist der Krieg, wenn er den verliert, ist er weg", so Asselborn. Der Außenpolitiker aus Luxemburg glaubt, Ziel der Großoffensive der ukrainischen Armee sei, bis zum Schwarzen Meer vorzudringen.

Erste Vorbereitungen auf Großoffensive

Hodges erklärt die wahrscheinlichen ukrainischen Ziele genauer. In den Angriffen auf die russische Ölinfrastruktur an der ukrainischen Peripherie sieht er die Vorbereitungen auf die Aktion. "Das ist eine klassische Strategie, die feindliche Logistik zu unterbrechen, bevor man selbst eine Offensive beginnt", sagt er. Von Nadelstichen der ukrainischen Armee möchte er dabei nicht sprechen. Er sagt: "Genauso besiegt man Masse mit Präzision. Wenn man lohnenswerte Ziele trifft, kann man den einzigen Vorteil der russischen Armee neutralisieren, und das ist die Masse."

Das aktuelle Kriegsziel der Ukraine sei, die Krim zu isolieren, sagt Hodges. Die ukrainische Armee werde versuchen, die russischen Verteidigungslinien bis zum Asowschen Meer zurückzudrängen und danach mehr Präzisionswaffen an den Start zu bringen. So könne sich die ukrainische Armee gegen die russischen Streitkräfte wehren. "So könnte die Ukraine möglicherweise sogar bis zum Sommer die Krim befreien." Das würde den gesamten Kriegsverlauf verändern. Sollte die Krim wirklich befreit werden, würde es sich laut Hodges für den Kreml nicht lohnen, die ärmeren Gebiete Donezk und Luhansk zu halten. Unter diesen Umständen könnten Verhandlungen über ein Ende des Krieges tatsächlich im Herbst geführt werden.

Doch damit ist laut Hodges die Gefahr noch nicht vorbei. "Die Ukraine braucht für einen gewissen Zeitraum Sicherheitszugeständnisse", sagt er bei Illner. Der Westen müsse die Ukraine beim Wiederaufbau des Landes unterstützen. Wenn sie die Krim erobert habe, werde die Gefahr aus Russland signifikant abnehmen. "Russland ist schwach, die Armee ist in Stücke geschlagen worden, die Militärindustrie liegt am Boden", analysiert der ehemalige US-Generalleutnant. Seiner Ansicht nach könnte es nach einem verlorenen Krieg gar einen Regimewechsel in Moskau geben. Für die Ukraine sei nach dem Krieg eine dringende Aufnahme in die Nato wichtig, sagt Hodges abschließend.

Asselborn fügt hinzu, dass die Ukraine ebenso dringend in die EU aufgenommen werden müsse. Fünfzehn Jahre wie bei einigen anderen Ländern dürfe man damit nicht warten.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen