Schlampereien bei Doktorarbeit? Uni prüft Vorwürfe gegen Schavan
02.05.2012, 18:53 Uhr
Annette Schavan, in der Kritik.
(Foto: dpa)
Hat Bundesforschungsministerin Schavan in ihrer Doktorarbeit Quellen verschleiert? So lauten die Vorwürfe eines Blogs, dessen anonymer Betreiber deutsche Medien auf angebliche Fehler der CDU-Politikern hinweist. Die Universität Düsseldorf will nun prüfen. Derweil entzieht die Uni Potsdam dem Berliner CDU-Fraktionschef Graf dessen Titel.
Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) wehrt sich gegen den anonymen Vorwurf von Plagiaten in ihrer Doktorarbeit. In einem Internet-Blog werden dazu zahlreiche Stellen aus ihrer Dissertation vor 32 Jahren aufgeführt - sie soll Quellen nicht immer ausreichend benannt haben. Schavan forderte den oder die Autoren des Blogs auf, sich zu erkennen zu geben. Zugleich versicherte sie, aufklären zu wollen.
Schavan: "Ich habe heute diese entsprechende Seite mir angeschaut, es ist eine anonyme Seite, deshalb ist meine erste Antwort: Wer sich mit meiner Dissertation beschäftigt hat, mit dem bin ich gerne bereit, über diese Dissertation zu sprechen, über das Zustandekommen." Sie gebe gerne jedem Rechenschaft über die Quellen, versicherte Schavan. "Mit anonymen Vorwürfen kann man schwerlich umgehen", betonte die Ministerin.
Quellen "verschleiert"?
Es geht um die Arbeit "Person und Gewissen - Studien zu Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung", mit der Schavan 1980 an der Universität Düsseldorf den Doktortitel mit der Note "magna cum laude" im Fach Erziehungswissenschaften erworben hatte. Die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende ist seit 2005 Bundesbildungsministerin. Zuvor war sie Kultusministerin in Baden-Württemberg.
Anders als bei früheren Plagiatsvorwürfen gegen Politiker - etwa im Fall des zurückgetretenen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) - geht es bei den anonymen Vorhaltungen gegen Schavan nicht um die Übernahme kompletter Textstellen aus anderen Veröffentlichungen. Vorgeworfen wird Schavan vor allem, Quellen nicht vollständig aufgelistet und zum Teil auch "verschleiert" zu haben.
Dabei geht es bei dem seit vergangenem Sonntag im Internet eingestellten Blog auch um wissenschaftliche Standardfragen - etwa wie weit Schavan eigene Gedanken und Erkenntnisgewinn früheren Ausführungen anderer Autoren zum Thema entlehnt hat, ohne dies exakt auszuweisen. So gibt es unter anderem inhaltliche Textvergleiche zwischen Ausführungen in Schavans Dissertation und Texten des Bonner Moraltheologen Franz Böckle - ohne Quellenhinweis. Böckle war allerdings Zweitgutachter bei Schavans Dissertation.
Kommission prüft
Die Promotionskommission der Philosophischen Fakultät der Universität Düsseldorf wird die Plagiatsvorwürfe prüfen. Das Gremium werde kommende Woche seine Arbeit aufnehmen, sagte ein Uni-Sprecher. "Das in solchen Fällen übliche Verfahren entspricht auch der Bitte von Frau Professor Schavan." Wie lange die Prüfung dauert, sei offen.
Schavan hat seit dem Wintersemester 2009/2010 eine Honorarprofessur an der FU Berlin und bietet Lehrveranstaltungen im Fach Katholische Theologie an.
Bei der Internet-Plattform "wordpress.com" handelt es sich um einen US-Anbieter. Blogs wie der "schavanplag" können dort quasi von jedermann auch anonym eingestellt werden. Eine Ermittlung des Urhebers ist aus Expertensicht nur bei schwersten strafrechtlich relevanten Vorwürfen möglich. Mehrere deutsche Medien waren per Fax auf die Internetseite hingewiesen worden. Als Absender war ein "Robert Schmidt" angegeben - allerdings ohne Faxkennung oder Rückruf- und Kontaktmöglichkeiten.
Es gibt immer wieder Plagiatsvorwürfe gegen Politiker. Der Berliner CDU-Fraktionschef Florian Graf etwa darf sich nicht länger Doktor nennen. Die Universität Potsdam entzog dem 38-jährigen Politiker den Titel. Der Promotionsausschuss der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät bescheinigte Graf in seiner Sitzung, die Universität getäuscht zu haben, teilte die Berliner CDU-Abgeordnetenhausfraktion mit. Graf hatte den Entzug seines 2010 erworbenen Doktortitels selbst beantragt.
Quelle: ntv.de, dpa