Brennstäbe defekt Vattenfall in Erklärungsnot
09.07.2009, 12:01 Uhr
Protestplakat der Grünen
(Foto: REUTERS)
Im Atomkraftwerk Krümmel muss nach dem Transformator-Schaden noch ein weiteres Problem behoben werden. Wegen eines möglichen Brennstäbedefekts sollen ab Freitag 80.000 Brennstäbe untersucht werden. Trotz der Pannen hält Vattenfall aber am weiteren Betrieb des Reaktors fest.
Derweil fordert SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier die endgültige Schließung des Atomkraftwerks Krümmel. Das Akw abzuschalten sei "ein Gebot der Vernunft", sagte Steinmeier in Berlin. Er könne nicht nachvollziehen, warum die Union wieder für die Atomkraft werbe. Die SPD stehe für eine sichere Energieversorgung.
In dem seit Samstag abgeschalteten Atomkraftwerk soll jetzt der Reaktordruckbehälter geöffnet werden, wie der zuständige Vattenfall-Geschäftsführer Ernst Michael Züfle sagte. Vermutlich seien "einer oder einige wenige Brennstäbe defekt". Diese sollen nun gesucht, gefunden und ausgetauscht werden. Wie lange das dauern werde, sei nicht abzusehen. Vattenfall setzte einen Sonderbevollmächtigten aus den eigenen Reihen ein, der alle Prozesse überprüfen soll.
Schadensursache unklar
Den Angaben zufolge wurde der Brennelementeschaden nach der Schnellabschaltung des Reaktors am Samstag entdeckt. Messungen hätten angezeigt, dass sich kleinste Teile im Reaktorwasser befinden, die die Kühlrohre beschädigen und winzige Löcher verursachen können. Dieses so genannte Fremdkörperfretting soll künftig durch den Einbau zusätzlicher Filter verhindert werden. Der Brennelementeschaden wurde bisherigen Kenntnissen zufolge nicht durch den Transformator-Kurzschluss und die Schnellabschaltung ausgelöst.
Beim Wiederanfahren des Reaktors Ende Juni sei dieser Schaden noch nicht bemerkbar gewesen, sagte Züfle weiter. Auch dieses Problem für sich allein hätte in Zukunft zum Herunterfahren der Anlage führen können, räumte er ein. Das Akw hatte nach zweijährigem Stillstand infolge eines Trafobrandes 2007 erst vor knapp zwei Wochen wieder den Betrieb aufgenommen.
Reihe klarer Versäumnisse
Auch bei der Panne am Samstag war der Transformator die Ursache. Es habe aber vor Wiederanfahren keine Hinweise darauf gegeben, dass das Gerät nicht gebrauchsfähig gewesen sei, sagte Züfle. Auch sei weiter unklar, wieso ein zusätzliches Messgerät entgegen ursprünglicher Abmachung nicht eingebaut wurde. Wegen dieses Versäumnisses hatte der Kraftwerksleiter seinen Posten geräumt.
Vattenfall ist "unten durch"
Trotz der jüngsten Pannen hält Vattenfall aber am Betrieb des Reaktors fest, der zu den ältesten in Deutschland gehört. "Wir sehen keinen Grund für eine Abschaltung von Krümmel", sagte der Europachef von Vattenfall, Tuomo Hatakka. Zugleich sagte er umfassende Aufklärung der Vorfälle zu und räumte ein, dass Vattenfall erneut das Vertrauen der Bürger verloren habe. Er bedauerte zudem, "Sorge und Unsicherheit bei den Menschen ausgelöst zu haben". Das Unternehmen hat für Samstag eine Aufklärungsveranstaltung mit den Anwohnern von Krümmel geplant.
Süppchen werden gekocht
Unterdessen ging der politische Streit um die Atomkraft in Deutschland weiter. Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin erklärte, Krümmel bleibe unsicher. Vattenfall könne weitere Mängel an dem Reaktor nicht ausschließen. Auch die Linke erklärte, die Probleme in Krümmel seien gravierender als angenommen.
Die Union warf Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) dagegen erneut vor, auf Kosten der Ängste der Bürger Wahlkampf zu betreiben. "Der Umweltminister schürt Ängste und macht die Öffentlichkeit verrückt, nur weil es Probleme mit einem Trafo im konventionellen Teil des Kraftwerks gegeben hat", sagte CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer. Gabriel hatte nach dem Vorfall in Krümmel die Sicherheit deutscher Atomkraftwerke angezweifelt.
Auch die hessische Energieministerin Silke Lautenschläger (CDU) hält die deutschen Atomanlagen für sicher. Es gebe auch keine "Zweifel an der technischen Sicherheit des Kernkraftwerks Biblis", sagte sie im Landtag in Wiesbaden.
Quelle: ntv.de, ppo/rts/dpa/AFP