Merkel lockte linkes Lager Wähler wechselten in Massen zur CDU
23.09.2013, 10:32 Uhr
Nicht nur von der FDP, auch im linken Lager sammelte Merkel Hunderttausende Stimmen.
(Foto: AP)
Die Farben der Niederlage bei der Bundestagswahl sind gelb und grün. Wie die Wählerwanderungen zeigen, gehören neben der FDP auch die Grünen zu den großen Verlieren. Die CDU überzeugt hingegen auch überraschend viele linke Wähler.
Bei den Bundestagswahlen 2013 gibt es viele Verlierer und eine strahlende Siegerin. Angela Merkels CDU holt einen spektakulären Sieg und wird mit deutlichem Abstand stärkste Kraft. Dass Merkel immer wieder für ihren präsidialen Führungsstil kritisiert wurde, war dem Wähler offenbar egal. Im Gegenteil zeigt das Ergebnis: Die meisten Deutschen wollen, dass Merkel Kanzlerin in Deutschland bleibt. Sie war das große Zugpferd im Wahlkampf – und die Personalisierung hat sich voll ausgezahlt. Nahezu aus allen Lagern hat die Partei Wähler abgeworben, wie Berechnungen der ARD zeigen.
Für die FDP ist der Sieg des großen Koalitionspartners eine Katastrophe. Denn ein Großteil ihrer Stimmen gewann die CDU unter jenen Wählern, die vor vier Jahren noch die FDP gewählt hatten. Knapp 1,8 Millionen Deutsche wählten 2013 lieber die CDU als die Liberalen. "Ich bedaure es wirklich", sagte Unions-Fraktionschef Volker Kauder am Morgen bei n-tv zum Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag. "Aber Fakt ist doch, dass 2009 viele CDU-Wähler die FDP gewählt haben, um die Große Koalition zu beenden", sagte er. Jetzt seien diese Wähler zu ihrer Stammpartei zurückgekehrt.
Von der FDP flohen die Wähler geradezu - nicht nur zur CDU. Insgesamt über drei Millionen Wähler kehrten der Partei den Rücken zu. 460.000 Menschen machten ihr Kreuz lieber bei der SPD. Selbst an die Linke verloren die Liberalen 160.000 Stimmen. Knackpunkt für das Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde dürfte aber die Enttäuschung der Stammwählerschaft sein. 360.000 einstige FDP-Wähler gingen dieses Mal nicht an die Urne. Hätte es die Partei geschafft, diese Wähler zu mobilisieren, wäre sie höchstwahrscheinlich im Bundestag geblieben.
CDU holt Hunderttausende Nichtwähler zurück
Die Stärke der CDU beruht aber nicht nur auf der Schwäche der FDP. Die zweitgrößte Gruppe, die die CDU hinzugewonnen hat, kommt aus dem Lager der Nichtwähler. 790.000 Wähler, die sich vor vier Jahren nicht zum Urnengang aufraffen konnten, machten nun ihr Kreuz bei den Christdemokraten. Damit hat die Merkel-Partei deutlich mehr Nichtwähler mobilisiert als die SPD. Zuvor war häufig zu hören gewesen, dass die SPD eher von einer steigenden Wahlbeteiligung profitieren würde – das war jedoch offenkundig nicht der Fall. Auch die Sozialdemokraten mobilisierten zwar Nichtwähler, allerdings waren es nur 280.000.
Überraschend ist, dass die CDU auch von der Partei Hunderttausende Stimmen abgeworben hat, die sich programmatisch am meisten von ihr unterscheidet. 360.000 Wähler wechselten von der Linkspartei zur Union. 150.000 Menschen, die 2009 die SPD gewählt hatten, stimmten nun ebenfalls für Merkel. Dabei dürfte es sich um typische Wechselwähler handeln. Rechnet man noch 40.000 Wähler hinzu, die von den Grünen zur CDU wechselten, waren es über eine halbe Million Wähler, die aus dem linken Lager zur konservativen Partei wechselten.
Nur an die AfD gab die CDU Stimmen ab – allerdings deutlich weniger, als viele befürchtet hatten. Nur 230.000 einstige CDU-Wähler wechselten zur Alternative für Deutschland. Die neue eurokritische Partei lockte Wähler aller anderen bisherigen Bundestagsparteien. Ebenfalls 230.000 Stimmen eroberte sie von den Grünen. Am meisten litt aber die FDP. Sie verlor 330.000 Stimmen an die AfD. Von einstigen SPD-Wählern kamen 150.000 Stimmen, noch einmal so viele Nichtwähler von 2009 machten ihr Kreuz für die Protestpartei.
Auch Grüne verlieren an fast alle
Die SPD hat insgesamt 2,7 Prozent hinzugewonnen – die neuen Wähler kamen aus fast allen Lagern. Die größte Gruppe stieß mit 510.000 von der Linkspartei zu den Sozialdemokraten. Das dürfte die Parteiführung freuen, da beide Parteien in einem ähnlichen Wählerreservoir fischen. Von den Grünen kamen 310.000 Wähler zur SPD. Je 150.000 Stimmen verlor die SPD an die CDU und die AfD.
Die Farbe der Niederlage sind gelb und grün. Die FDP steht nach der Wahl vor einem Trümmerhaufen. Doch auch die Grünen müssen sich Sorgen machen. Zwar eroberten sie 60.000 Stimmen von den Liberalen – doch ansonsten gaben sie an alle anderen Konkurrenten ab – und 290.000 einstige Grünen-Anhänger gingen gar nicht mehr wählen.
Quelle: ntv.de, vpe