Keine Zweifel an militärischen Zielen Westen droht Iran mit Sanktionen
30.11.2009, 13:17 UhrDer Westen reagiert mit scharfer Kritik auf die Ankündigung des Iran, seine Urananreicherung auszubauen. Der französische Verteidigungsminister Hervé Morin hält die Politik der "ausgestreckten Hand" einiger Regierungen für gescheitert. An den militärischen Zielen des Atomprogramms gebe es für ihn keinen Zweifel.
Die internationale Gemeinschaft werde sich "wahrscheinlich in Richtung neuer Wirtschaftssanktionen" bewegen müssen, sagte Morin im Radiosender France Inter. Es sei jetzt klar, dass die Politik der "ausgestreckten Hand" von US-Präsident Barack Obama und der anderen westlichen Regierungen "nicht funktioniert" habe. Das Risiko "eines Wettlaufs zur Atombombe" und der Weiterverbreitung von Nukleartechnik in der Region habe sich verstärkt, sagte Morin. An den militärischen Zielen des Atomprogramms gebe es für ihn keinen Zweifel.

Der Iran will seine Urananreicherung ausbauen. Das Satellitenbild zeigt die vermeintliche zweite iranische Atomanlage in Ghom.
(Foto: dpa)
Auch die Bundesregierung drohte weitere Strafmaßnahmen gegen Teheran an. "Der Iran muss wissen, dass die Geduld der internationalen Staatengemeinschaft nicht endlos ist", erklärte Außenminister Guido Westerwelle in Berlin. Er forderte den Iran auf, mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) ohne Einschränkung zusammenzuarbeiten und seine internationalen Verpflichtungen zu erfüllen. "Klar ist: Wenn der Iran unsere ausgestreckte Hand ausschlägt, muss er mit weitergehenden Sanktionen rechnen", heißt es in der Erklärung des Ministers.
"Die Zeit für den Iran läuft aus"
Die USA verurteilen die Ankündigung aus Teheran. Damit würde der Iran seine Verpflichtung zur Einhaltung zahlreicher UN-Resolutionen abermals ernsthaft verletzen. Zugleich wäre dies "ein weiteres Beispiel, dass der Iran es vorzieht, sich selbst zu isolieren", sagte der Sprecher im Weißen Haus, Robert Gibbs. Die internationale Gemeinschaft habe klargemacht, "dass der Iran Rechte hat, aber mit diesen Rechten gibt es auch Verpflichtungen". Die UN-Atombehörde habe mit ihrem jüngsten Votum deutlich gemacht, "dass die Zeit für den Iran ausläuft".
Die russische Regierung ist Agenturberichten zufolge beunruhigt über die iranischen Pläne. "Russland ist ernstlich besorgt über die jüngsten Äußerungen der iranischen Führung", zitierten die Agenturen eine Person aus dem Außenministerium in Moskau. Russland hat sich bislang nicht öffentlich hinter US-Pläne gestellt, der Regierung in Teheran im Atomstreit mit härteren Sanktionen zu drohen.
Iran droht und beschwichtigt

Irans Parlamentspräsident Laridschani spricht noch von diplomatischen Möglichkeiten.
(Foto: AP)
Iranische Staatsmedien hatten am Wochenende berichtet, dass die Regierung in Teheran zehn neue Anlagen zur Urananreicherung bauen wolle. Die neuen Einrichtungen sollten die gleiche Größe haben wie der Komplex in Natans. Die Ankündigung ist nach Angaben eines iranischen Diplomaten eine direkte Reaktion auf die jüngste Rüge der IAEA. In der Resolution hatte der Gouverneursrat der IAEA vor allem die mangelnde Transparenz des iranischen Atomprogramms kritisiert. Der Westen wirft dem Golfstaat den Bau von Atomwaffen unter dem Deckmantel eines zivilen Nuklearprogramms vor. Der Iran weist dies zurück.
Der iranische Parlamentspräsident Ali Laridschani deutete unterdessen eine Verhandlungsbereitschaft seines Landes an. Es gebe seiner Ansicht nach noch die Möglichkeit, den Konflikt auf dem diplomatischen Weg zu lösen, sagte Laridschani auf einer Pressekonferenz. Der Iran wolle die Arbeit an dem Atomprogramm unter der Aufsicht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) fortsetzen, um dessen "friedlichen" Charakter klarzustellen, sagte Laridschani. "Die Weltmächte sind frei, eine andere Politik einzuschlagen, und dann werden auch wir eine andere Politik einschlagen", sagte er. Laridschani war bis 2007 selbst Chefunterhändler des Iran in Atomfragen.
"Dem Dialog eine letzte Chance geben"
Der französische Außenminister Bernard Kouchner antwortete in einem "Figaro"-Interview auf die Frage, ob schärfere Sanktionen ein wirkliches Abschreckungspotenzial seien: "Lassen Sie uns dem Dialog eine letzte Chance geben und der Europäischen Union damit die nötige Zeit, um ab dem 1. Januar 2010 wieder voll funktionsfähig zu sein." Er bezeichnete die iranische Haltung auch als "sehr gefährlich". "Warum gibt es heute diese Ankündigung eines Programms für zehn neue Zentren zur Anreicherung von Uran, während der Iran nicht ein einziges Atomkraftwerk hat, um Brennstoff einzusetzen?", sagte Kouchner.
Im Radiosender RTL warf der Außenminister Teheran auch vor, in der Atomfrage keine klare Richtung zu verfolgen. Die Ankündigung der verstärkten Uran-Anreicherung als Reaktion auf die Forderungen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) sei "etwas kindisch".
Quelle: ntv.de, mli/rts/dpa/AFP