Assange in der Falle Wird die Botschaft gestürmt?
16.08.2012, 08:36 Uhr
Vor der Botschaft in London.
(Foto: AP)
Dramatische Zuspitzung des diplomatischen Streits um Wikileaks-Gründer Assange: Großbritannien droht, die Botschaft von Ecuador in London zu stürmen. Dort sitzt Assange seit sieben Wochen, er hofft auf Asyl in dem südamerikanischen Land. Die Regierung in Quito will heute ihre Entscheidung bekanntgeben.
Ecuador gibt heute seine Entscheidung über den Asylantrag von Wikileaks-Gründer Julian Assange bekannt. Sein Land habe über den Antrag entschieden und werde das Ergebnis um 7 Uhr ecuadorianischer Ortszeit (14 Uhr MESZ) verkünden, sagte Außenminister Ricardo Patiño. Zugleich verurteilte er eine bislang unbekannte Drohung der britischen Behörden, die ecuadorianische Botschaft in London zu "stürmen". Dort hält sich Assange seit sieben Wochen auf.
Patiño verlas auf der Pressekonferenz in Quito einen Brief der britischen Regierung, der ihm von der britischen Botschaft übergeben worden sei. Darin heißt es nach Angaben der britischen Zeitung "The Guardian": "Sie müssen sich vergegenwärtigen, dass es im Vereinigten Königreich eine rechtliche Grundlage gibt (...), die es uns gestatten würde, aktiv zu werden mit dem Ziel, Herrn Assange auf dem Gelände der Botschaft festzunehmen." Mit seiner Flucht in die Botschaft hatte Assange gegen seine Kautionsauflagen verstoßen.
Patiño wertete dies als "offene Drohung", dass die Botschaft gestürmt werden könnte, sollte Ecuador Assange nicht den britischen Behörden übergeben werden. Ein Eindringen in die Botschaft wäre ein "unverhohlener Verstoß" gegen die Wiener Konvention zu diplomatischen Missionen, so der Minister. Wikileaks verurteilte die Drohung als "unangemessen" und sprach von einem "beispiellosen Angriff auf die Rechte von Asylsuchenden".
, um einer Auslieferung nach Schweden zu entgehen. Dort werden ihm Sexualdelikte zur Last gelegt. Der Australier fürchtet aber, letztlich an die USA ausgeliefert und dort wegen der brisanten Enthüllungen von Wikileaks juristisch verfolgt zu werden. Die Internetplattform hatte unter anderem hunderttausende vertrauliche US-Depeschen veröffentlicht und sich damit den Zorn Washingtons zugezogen.
Gesetz von 1987 als Möglichkeit
Das britische Außenministerium bekräftigte in der Nacht, den Wikileaks-Gründer nach Schweden ausliefern zu wollen. Großbritannien habe dazu die "rechtliche Pflicht" und sei entschlossen, diese auch zu erfüllen, sagte ein Sprecher. Ein Eindringen in die ecuadorianische Botschaft könnte London mit einem Gesetz aus dem Jahr 1987 rechtfertigen, das die Aufhebung der Immunität für diplomatische Gebäude auf britischem Boden ermöglicht.
Assanges Mutter Christine reagierte erbost auf die britische Drohung, in die Botschaft einzudringen und ihren Sohn festzunehmen. Sie warf London vor, auf Geheiß Washingtons zu handeln. "Was die USA wollen, bekommen die USA von ihren Verbündeten, unabhängig davon, ob es legal ist oder ethisch zu vertreten oder ein Verstoß gegen Rechte", sagte sie vor australischen Journalisten.
Über Twitter wurde bereits zu einer Demonstration vor der ecuadorianischen Botschaft in London aufgerufen. In dem Gebäude soll sich inzwischen eine Sprecherin von Wikileaks, Sarah Harrison, aufhalten. An der Botschaft waren am Mittwochabend rund ein Dutzend Polizisten postiert.
Der "Guardian" hatte am Dienstag unter Berufung auf Vertreter der Regierung in Quito berichtet, dass Ecuador dem Asylantrag Assanges stattgeben wolle. Allerdings ist unklar, ob der Australier in diesem Fall überhaupt dorthin ausreisen kann. Großbritannien hat angekündigt, ihn beim Verlassen des Botschaftsgebäudes festzunehmen.
Quelle: ntv.de, AFP