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Porträt Alfredo Stroessner

Der im Alter von 93 Jahren gestorbene Diktator Alfredo Stroessner regierte Paraguay 35 Jahre mit eiserner Faust. Im 20. Jahrhundert hielt sich in Lateinamerika nur Kubas Fidel Castro länger an der Macht. 1954 putschte sich der Militär an die Macht, und erst 1989 beendete ein naher Verwandter seine Regentschaft, wiederum durch einen Putsch.

Etwa 3.000 Regimegegner verschwanden nach Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen während der bleiernen Diktaturjahre, und zehntausende Menschen landeten im Gefängnis oder wurden gefoltert. Seine Tochter Olivia Stroessner sagte im vergangenen Januar, ihr Vater habe auf Druck der USA gehandelt, die eine kompromisslose Bekämpfung des Kommunismus gefordert hätten.

Der Enkel eines Lokomotivführers aus Hof in Bayern ließ zur Einschüchterung seiner Gegner Ermordete schon mal in Flüsse werfen und aus Flugzeugen stoßen. Das Land überzog er mit einem dichten Netz aus Spitzeln und Günstlingen. Der Justiz konnte er sich jedoch bis zuletzt entziehen.

Kurz nach dem Machtverlust 1989 wurde Stroessner des Landes verwiesen und erhielt in Brasilien politisches Asyl. Zur Begründung hieß es, er sei in seiner Heimat mit dem Tod bedroht worden. Auslieferungsanträge Paraguays lehnte Brasilien ab.

Stroessner wurde am 3. November 1912 in Encarnacin in Paraguay geboren. Sein Vater, ein Brauerei-Buchhalter, war 1898 nach Paraguay ausgewandert, wo er eine Einheimische heiratete. Die Militärlaufbahn begann Stroessner 1929 als Kadett in der Militärakademie von Asuncin. Nach einer Bilderbuch-Karriere wurde er schließlich 1953 Oberbefehlshaber der Armee. Am 6. Mai 1954 putschte sich Stroessner an die Spitze des Staates.

Offiziell wurde eine demokratische Fassade aufrechterhalten. Die mit dem Regime verbundene Colorado-Partei erreichte durch Wahlfälschung stets mehr als 70 Prozent der Stimmen. Die relative politische Stabilität dieses scharf antikommunistischen Regimes sicherte Paraguay ein kräftiges Wirtschaftswachstum.

Seit 1989 hat Paraguay erhebliche Fortschritte beim Aufbau der Demokratie gemacht. Wirtschaftliche Probleme, Militärrebellionen und die wuchernde Korruption lassen die Stroessner-Jahre vielen Paraguayern aber im Rückblick wieder in milderem Licht erscheinen. Bei Umfragen geben regelmäßig mehr als 50 Prozent der Befragten an, eine Diktatur der Demokratie vorzuziehen.

Jan-Uwe Ronneburger, dpa

Quelle: ntv.de

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