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Schröder und von der Leyen Zwei Ministerinnen, zwei Stile

09.03.2010, 13:00 Uhr
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Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (l) und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (r). (Foto: picture alliance / dpa)

Die Arbeitsministerin und die Familienministerin sind seit 100 Tage im Amt. Während die eine sich großer Beliebtheit erfreut, tut sich die andere schwer, Schwerpunkte zu setzen

100 Tage sind Arbeitsministerin Ursula von der Leyen und Familienministerin Kristina Schröder (beide CDU) nun in ihren Ämtern - nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dem Rücktritt des glücklosen Franz Josef Jung Ende November kurzfristig ihr Kabinett umbilden musste. Es sind zwei Ministerinnen mit deutlich unterschiedlichen Akzenten. Eine erste Bilanz:

Die eine ist zuständig für Arbeitslose, Rente und Hartz IV. Themen, die nicht unbedingt Sympathien einbringen. Doch von der Leyen schwimmt auf einer Welle der Popularität. In Umfragen rangiert sie auf dem dritten Platz der Beliebtheitsskala, vor ihr nur noch CSU-Shootingstar Karl-Theodor zu Guttenberg und die Kanzlerin. Von der Leyen ist für den mit 147 Milliarden Euro größten Einzeletat im Bundeshaushalt verantwortlich.

Von Leyen "um Ausgleich bemüht"

"Ich bin auf einen Zug aufgesprungen, der mit vielen Wagen sehr zügig unterwegs ist. Ich musste mich schnell in alles hineinarbeiten. Jetzt bin ich drin und will gestalten und bewegen", beschreibt die 51-Jährige rückblickend ihren Kaltstart, für den sie sich nach einem Anruf der Kanzlerin von einem Tag auf den anderen entschieden hatte.

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Ursula von der Leyen erfreut sich großer Beliebtheit im Volk. (Foto: picture alliance / dpa)

Sie sehe gleichwohl "die Größe der Aufgaben. Aber mich fasziniert vor allem und zuerst die damit verbundene Möglichkeit, den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft, das Für- und Miteinander zu erneuern und zu stärken", sagt die erste Frau im Amt eines Bundesarbeitsministers. Das sieht sogar der politische Gegner so: Von der Leyen sei "um Ausgleich bemüht", sagt die Linke-Abgeordnete und Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Arbeits- und Soziales, Katja Kipping.

Die Aufgabe ist groß, aber klar

Der Erfolgsdruck, der auf der Ministerin lastet, ist gewaltig. Bis zum Jahresende muss sie neben der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Neuregelung für die Jobcenter auch die Neuberechnung der Hartz-IV-Sätze hinbekommen. Daran wird sie gemessen. Sie selbst weiß: "Das ist kein einfacher Weg und die Zeit ist außerordentlich knapp. Aber der Auftrag ist klar. Daran kann man nichts deuteln." Mit Sachleistungen für Kinder von Hartz-IV-Empfängern und einem "Dienst von Mensch zu Mensch" will von der Leyen dabei Neuland betreten.

Noch ist ungewiss, ob die eigene Gefolgschaft bei der zum Erhalt der Jobcenter notwendigen Grundgesetzänderung mitzieht. Das Projekt scheiterte schon einmal am Widerstand der Unions-Bundestagsfraktion. Die Aufgabe ist heikel, weil auch die SPD ins Boot muss. Unbeirrt beackert von der Leyen sozialdemokratisches Terrain - wie auch schon als Familienministerin zu Zeiten der großen Koalition.

Schröder tut sich schwer mit Schwerpunkten

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Kristina Schröder (r) kann auf den Rückhalt von ihrer Chefin Angela Merkel (l) zählen. (Foto: picture alliance / dpa)

Die andere Ministerin - die 32-jährige Kristina Schröder vormals Köhler - sorgte als Nesthäkchen im Bundeskabinett in ihren ersten Amtstagen vor allem mit ihrer Hochzeit bundesweit für Schlagzeilen. Dabei tat sie sich anfangs schwer, deutlich zu machen, wo sie Schwerpunkte setzen will.

Mit ihrem ersten Vorstoß - der Ausweitung eines Elterngeldes - stieß die junge Ministerin auf Skepsis bei Gewerkschaften wie der Wirtschaft. Die Gewerkschaften möchten zunächst vorrangig die Geringverdiener besser gestellt sehen. Die Wirtschaft sorgt sich bei einer insgesamt längeren Elternzeit durch erweiterte Teilzeitregelungen um fiskalische Folgen und möchte angesichts eines in den kommenden Jahren schrumpfenden Angebotes von Nachwuchskräften nicht zu lange auf gute und bewährte Mitarbeiter verzichten.

Ruhe mit Schröder an der Reformfront?

Aus ähnlichen Gründen steht der CDU-Wirtschaftsflügel dem zweiten größeren Vorstoß Schröders kritisch gegenüber: Einem Rechtsanspruch auf eine zweijährige Pflegezeit für Angehörige. Dabei kann die Ministerin allerdings auf die Rückendeckung der Kanzlerin bauen - die angesichts einer immer älter werdenden Gesellschaft gerade hier ein zentrales politisches Zukunftsthema ausgemacht hat.

Von der Leyen wird nachgesagt, sie habe die Familienpolitik ihrer Partei grundlegend auf den Kopf gestellt und ihr ein neues, modernes Gesicht gegebenen - was nicht jedem in ihrer Partei gefiel. Schröder kommt aus der eher wertkonservativen hessischen CDU. Und mancher in der Union hofft, dass mit ihrer Berufung nun auch wieder ein wenig Ruhe an der Reformfront einkehrt.

Quelle: Günther Voss und Karl-Heinz Reith, dpa