Männer ...
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In Amerika zeigt sich, dass die Politik wieder funktioniert wie eine Männer-Umkleide. Die Gegenwart hat Herrentag - bleibt das jetzt so?
Bundeskanzler Friedrich Merz kann auf die vielleicht erfolgreichste Woche seines Lebens zurückblicken. Für seinen Auftritt im Oval Office erntete er Beifall von praktisch allen Seiten. Zu Recht, denn Merz machte kommunikativ alles richtig.
Er brachte Präsident Donald Trump, der Gold liebt, ein Geschenk aus Gold. Er lächelte viel, weil er weiß, dass in Amerika niemand auf mürrische Gnome steht. Er schwieg, wenn er nicht gefragt wurde, was in der Primaten-Logik richtig ist - denn anderenfalls hätte der Silberrücken mit dem Goldtoupet ihn vielleicht vor laufender Kamera in den Kamin gestopft wie andere Staatenlenker zuvor.
Merz hielt sogar das Getätschel aus, auch wenn ungefragtes Herumgetaste in dieser Situation wenig anderes ist als die Demonstration des Anfassendürfens. Merz antwortete in gutem Englisch und wurde auch dafür gelobt.
Schwieriger Typ
Manch ein Kompliment war eines der ruppigen Harhar-Sorte: So sei der Bundeskanzler "schwierig". Merz wolle doch wohl, schob Trump hinterher, nicht als "einfach" daherkommen, oder? "Du musst ein Schwein sein in dieser Welt", sangen schließlich auch schon Die Prinzen.
Diese Kumpelei passte ins Setting, denn außer Trumps Stabsleiterin waren bei diesem Auftritt nur Männer in der Kulisse sichtbar. Und irgendwie passt das gut in den neomaskulinen Zeitgeist: Die Jugend schwärmt schließlich wieder für Aufreißertypen (sie heißen jetzt Pickup-Artists) und Muskelmänner (meistens in Kombination mit Crypto-Anlagetipps). Als Merz' Social-Media-Team seinen Auftritt auf Instagram vermarktet, zeigt es die Anfahrt in bulliger schwarzer Limo vor dem Weißen Haus und unterlegt das Ereignis mit stampfenden Hip-Hop-Beats. Wer kann, der kann.
Die Mechanismen der medialen Macht gehorchen wieder klassischen Dominanzgesten: Wer drückt wen wohin, wer tätschelt, wer duckt sich, wer hat Angst vor Hunden? Apropos Angst vor Hunden: Hätte man sich Angela Merkel bei diesem Besuch vorstellen können? Reporter hätten sie womöglich gefragt, warum sie keinen Anzug anhat. Und Donald Trump hätte sie wohl mit einem fiesen Lächeln zu einem Wochenkurs Bauch-Beine-Po auf Mar-a-Lago eingeladen.
Männerministerium
Man kann das als Regression begreifen, aber dann wiederum hat die Geschlechter-Parität ja tatsächlich in die eine oder andere Sackgasse geführt. Das wissen wir spätestens, seit die vor allem wegen Geschlechtergerechtigkeit auf den Posten der Bundesverteidigungsministerin gehievte Christine Lambrecht das Ansehen des Bendlerblocks mit - unter anderem - einem irren Silvestervideo wie eine Kugelbombe in die Luft jagte.
Jetzt hat Lambrechts Nachfolger Boris Pistorius einen weiteren Staatssekretär ernannt, es ist Jens Plötner, was schon inhaltlich zu allerlei Empörung führte. Plötner gilt als Taube in Sachen Ukraine-Unterstützung. Dann allerdings ist Plötner auch ein Mann und damit wird das Bundesverteidigungsministerium tatsächlich rundherum von Herren angeführt.
Mann kann das gut finden, aber manch eine Männlichkeit kippt eben in den Machoismus - und wer eine Macho-Sicht pflegt, trifft Macho-Entscheidungen. Trump hat beim Gespräch mit Merz den Krieg in der Ukraine mit raufenden Kindern verglichen, die man manchmal gewähren lassen müsse. Es ist ein verstörendes Bild und es ist ein männliches: Hier glimmert der Wunsch durch, man müsse manchmal herausfinden, welches der beiden Kinder besser kämpfen kann.
"Haben wir keine anderen Probleme?"
Ist die Geschlechtergerechtigkeit wieder passé? Zeichnet sich hier nach einem über Jahre zuwachsenden Frauenanteil in Führungspositionen eine Trendumkehr ab? Ist das Spektakel im Oval Office und die Personalpolitik in Ministerien und im Koalitionsausschuss wirklich eine Einladung an junge Frauen, sich doch einmal in der Politik zu versuchen?
Und: "Haben wir keine anderen Probleme?" Das höre ich die Kommentarspaltenvollschreiber (m/m/m) schon rufen. Klar haben wir die, Heuschnupfen etwa, unbeantwortete Mails vom Steuerberater und miese Wetteraussichten an Pfingsten - aber eine Testosteronballung in der Weltpolitik könnte eben auch eines sein. Zumal Männerfreundschaften keineswegs so unzerbrechlich treu sind, wie man sich am Herrentag nach dem dreizehnten Pils über den Bollerwagen hinweg in die Hand verspricht.
Das zeigt sich im Weißen Haus: Zwischen Elon Musk und Donald Trump ist nun ein derart bizarrer Rosenkrieg ausgebrochen, dass die Frage im Raum steht, wer von den beiden aus lauter Verletztheit zuerst beim Dinner des anderen auf den Fisch pinkelt. Rationalitäten spielen hier keine Rolle mehr, Musk wollte kurzfristig vor Wut sogar ein Raumfahrtprogramm einstampfen. Man kann nur hoffen, dass die Bromance zwischen Trump und Merz nicht ähnlich endet.
It’s a man’s world
"It’s a man’s world", sang James Brown in einem von einer Frau geschriebenen Song. Darin sind die Herren die Macher, sie bauen Dinge und kaufen diese von anderen Männern, auch wenn die Welt, so heißt es im Refrain, ja doch "nichts" sei ohne eine Frau oder ein Mädchen.
Elon Musk sollte den Song zu Ende hören, er endet nämlich so finster wie ein Ketamin-Kater:
"He′s lost in the world of man
He's lost in bitterness"
Er ist verloren in der Welt des Mannes, verloren in Bitterkeit.
Also, Männer: Vertragt euch. Sonst schicken wir das nächste Mal doch wieder eine Frau.
Quelle: ntv.de
