Baden-Württemberg Wie die Landeskirche sich gegen Extremisten wappnen will
30.10.2025, 07:44 Uhr
Die Evangelische Landeskirche zieht eine klare Linie: Wer sich rechtsextrem äußert, kann künftig kein Kirchenamt mehr bekleiden. Landesbischof Gohl erklärt, warum das Evangelium klare Grenzen setzt.
Stuttgart (dpa/lsw) - Die Evangelische Landeskirche in Württemberg möchte sich stärker gegen eine Unterwanderung durch politische Extremisten schützen. Kirchengemeinderäte, die mit rassistischen oder menschenverachtenden Äußerungen auffallen, können künftig aus ihrem Gremium ausgeschlossen werden. "Wir wollen betonen, dass sich Rechtsextremismus und Evangelium widersprechen und man bei entsprechenden Äußerungen sein passives Wahlrecht verliert", sagte Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl im Gespräch mit der "Südwestpresse".
Gohl: Unvereinbar mit Evangelium
Die Herbstsynode hatte vor wenigen Tagen beschlossen, den Ausschluss von Menschen mit extremistischen Einstellungen von kirchlichen Leitungsämtern im Einzelfall zu erleichtern. Der Beschluss diene der Prophylaxe, sagte Gohl. Zwar sehe er für Württemberg derzeit keine akute Gefahr. Aber: "Das sieht in den Kirchen im Osten Deutschlands anders aus. Die haben echt ein Problem." Eine Unterwanderung durch Extremisten könne die Grundhaltung der Kirche infrage stellen: "Wenn Kirche unterwandert wird, könnte das kippen. Da könnte es dann heißen: Was gehen uns Geflüchtete an? Mit dem Evangelium wäre das nicht vereinbar."
Auch interne Kritik
Ein Ausschluss solle aber nicht pauschal erfolgen, so Gohl. "Wir sagen nicht: Weil du AfD-Mitglied bist, kannst du nicht im Kirchengemeinderat sein." Aber wenn es konkrete Äußerungen gebe, dann sollte im Kirchengemeinderat darüber gesprochen werden. "Möglicherweise muss die Person bei einer entsprechenden Haltung auch ausgeschlossen werden." Greife der Rat nicht ein, könne ein Visitator oder Dekan eingreifen.
Gohl räumte ein, dass er auch kritische Anfragen zu der Neuregelung erhalten habe. "Manchen geht es darum, ein Zeichen des Protests zu setzen", sagte er. "Andere heben hervor, dass die AfD gegen Abtreibung ist. Denen sage ich dann, dass das ganze Leben zählt, nicht nur das vorgeburtliche." Die überwiegende Anzahl der Rückmeldungen unterstütze aber die Position.
Kirchengemeinderat leitet die Gemeinde vor Ort
Der Kirchengemeinderat ist etwa das "Parlament" der Kirche vor Ort - vergleichbar mit einem Gemeinderat in einer Kommune, zuständig für kirchliche Belange. Der Kirchengemeinderat besteht aus gewählten ehrenamtlichen Mitgliedern der Gemeinde und dem zuständigen Pfarrer oder der Pfarrerin.
Quelle: dpa