Berlin & Brandenburg Experte: Drogenfund in Nauen ein Weckruf für Suchtprävention
06.11.2025, 06:02 Uhr
Die Polizei hat in Nauen im Havelland ein riesiges Drogenlabor ausgehoben. Der Fall ist für einen Anti-Sucht-Koordinator eine Mahnung, Drogenprävention auch auf dem Land nicht zu vernachlässigen.
Rathenow (dpa/bb) - Der Fund eines riesigen Drogenlabors im brandenburgischen Nauen ist für den Anti-Sucht-Koordinator Christoph Seide eine Art Weckruf. "Es weckt einen wieder massiv auf und zeigt, wie enorm groß dieses Geschäft der Organisierten Kriminalität ist", sagte der Sozialpädagoge der Deutschen Presse-Agentur.
Seide ist Suchtpräventionskoordinator in der Kleinstadt Rathenow und leitet den Arbeitskreis gegen Drogen im Westhavelland. Im rund 40 Kilometer entfernten Nauen im selben Landkreis entdeckten Polizei und Zollfahnder vergangene Woche ein Drogenlabor von beispiellosem Ausmaß.
Seide: Fall erinnert auch an Bedeutung der Suchtprävention
"Das beschäftigt die Menschen", sagte Seide zu dem Fall. Er erinnere daran, wie wichtig es sei, in Kitas und Schulen möglichst frühzeitig die Widerstandskräfte der jungen Menschen zu stärken. "Mein Ziel ist es, vor die Welle zu kommen." Aber zu glauben, dass solche Geschäftsfelder irgendwann nicht mehr existierten, sei naiv.
In Rathenow im Havelland war 2023 eine 15-Jährige nach dem Drogenkonsum von Ecstasy im Krankenhaus gestorben. Der Fall hatte ein Augenmerk auf Drogenprobleme auch in ländlichen Regionen abseits der Metropole Berlin gelegt. "Es gab weiterhin Überdosierungen im jungen Alter - man hat genug zu tun", sagte Seide zur Entwicklung in der Region nach dem Tod der 15-Jährigen.
Nikotinbeutel und Lachgas zunehmend verbreitet
Er stellt bei jungen Leuten eine zunehmende Verbreitung etwa von Nikotinbeuteln, dem tabakhaltigem sogenannten Snus, und von Lachgas fest. Snus werde unter der Ladentheke und im Internet verkauft, sagte Seide. Lachgas (Distickstoffmonoxid) wird in Deutschland zunehmend als riskante Partydroge konsumiert. Der Stoff sei eine extreme Belastung für das Nervensystem, sagte Seide.
Das Bundeskabinett brachte einen Gesetzentwurf von Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) auf den Weg, der Erwerb und Besitz für Minderjährige untersagt. Verboten werden sollen generell der Online-Handel und der Kauf an Selbstbedienungsautomaten. In der Medizin dient Lachgas als leichtes Betäubungsmittel gegen Ängste und Schmerzen.
Projekte zur Suchtprävention im Westhavelland
Der Sozialpädagoge Seide hat mit einem Netzwerk im Westhavelland mehrere Projekte auf die Beine gestellt. Er thematisiert Drogensucht in Kinofilmen, bringt junge Leute für Graffiti-Projekte zusammen und will auch mit Kinderärzten zusammen arbeiten. "Suchtprävention ist eine freiwillige Leistung, aber ich würde sagen, dass auch andere Regionen davon profitieren, wenn sie solche Strukturen schaffen würden", sagte Seide.
Die Polizei ging zuletzt auch bei ihren Ermittlungen zum rätselhaften Verschwinden eines 24-Jährigen aus Rathenow möglichen Kontakten zur Drogenszene nach.
Quelle: dpa