HessenLebenslange Haft nach tödlichem Messerangriff auf 81-Jährige

Obwohl der Angeklagte mit einem emotionalen Schwur seine Unschuld beteuert hatte, kam das Wiesbadener Landgericht am Ende des Prozesses zu einer anderen Auffassung: Es war Mord.
Wiesbaden (dpa/lhe) - Die Vorsitzende Richterin am Landgericht Wiesbaden fand in ihrer Urteilsbegründung klare Worte: Man komme nicht umhin, die Tat mit einer "Hinrichtung" zu assoziieren. Es gebe keinen ernsthaften Zweifel, dass der Angeklagte im Sommer 2023 sein 81 Jahre altes Opfer getötet habe - unter anderem habe er der Frau einen Kehlschnitt zugefügt, sagte sie. Der zur Tatzeit 46-Jährige wird wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.
Der in Deutschland aufgewachsene Türke nimmt das Urteil nach außen hin ungerührt auf. Die Tat hatte er im Prozess abgestritten. Bei dem Indizienprozess hätten sich in der Beweisaufnahme viele einzelne Puzzleteile zu einem Gesamtbild zusammengefügt, erläuterte die Richterin. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
Richterin spricht von tiefer Abneigung und Hass gegen das Opfer
Der Angeklagte hatte in der Hauptverhandlung berichtet, dass er der 81-Jährigen und ihrem Mann gegen Bezahlung regelmäßig im Haushalt geholfen habe. Der inzwischen verstorbene Ehemann der Getöteten sei für ihn wie ein Ziehvater gewesen. Er habe den Kontakt als konfliktfrei dargestellt, sagte die Richterin. Dies sei jedoch nur "die halbe Wahrheit" gewesen. Im Laufe der Zeit habe der Angeklagte eine "tiefe Abneigung" und Hass gegen die 81-Jährige entwickelt.
Messerspitze abgebrochen
Die Tatausführung spreche die Sprache eines persönlichen Motivs und für einen "unbedingten Vernichtungswillen", ergänzte die Richterin. Einer von mehreren Messerstichen habe den Rücken des Opfers getroffen, dabei sei die Messerspitze abgebrochen. Das Tatwerkzeug war nie gefunden worden.
Die Stiche seien präzise geführt worden, erläuterte die Richterin und verwies darauf, dass der Angeklagte eine Metzgerausbildung begonnen hatte. In den Ausführungen zu seinem Lebenslauf vor Gericht habe er dies jedoch verschleiert und lediglich von einer Ausbildung zum Metzgerei-Fachverkäufer gesprochen.
Angeklagter ohne Alibi
Zudem habe der Angeklagte kein Alibi für die Tatzeit. Obwohl er behauptete, in einem anderen Stadtteil am Rheinufer gewesen zu sein, zeigten Videoaufnahmen, wie er kurz vor dem mutmaßlichen Tatzeitpunkt in der Nähe des Tatortes aus einem Linienbus steigt.
Zum Prozessauftakt hatte der Mann beteuert: "Ich schwöre beim Haupt meines Sohnes, dass ich nichts damit zu tun habe". Dem entgegnet die Richterin, es sei nicht das erste Mal, dass vor Gericht emotionale Schwüre geäußert würden. "Das ist nichts Belastbares."