Niedersachsen & BremenLandtag: Mehrheit für Verbot religiöser Symbole in Justiz

Religiöse Symbole und Kleidungsstücke sollen für Staatsanwälte und Richter in Niedersachsen künftig tabu sein. Ein Gesetzentwurf stößt auf breite Zustimmung auch vom Richterbund. Geht es im Kern aber, wie Muslime und Grüne sagen, um ein Kopftuchverbot?
Hannover (dpa/lni) - Der Gesetzentwurf von Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza zu einem Verbot religiöser Symbole und Kleidungsstücke für Staatsanwälte und Richter ist auf breite Unterstützung im Landtag gestoßen. Allein die Grünen bemängelten den Entwurf bei der ersten Beratung im Parlament in Hannover am Dienstag. Der Grünen-Abgeordnete Helge Limburg sprach von einem "Kopftuchverbot" und einer einseitigen Bevorzugung des Christentums, weil die Ministerin vor einer Verbannung von Kruzifixen aus Gerichtssälen zurückgeschreckt sei. CDU, SPD, FDP und AfD begrüßten das Gesetz, es sorge für die nötige Neutralität der Justiz.
Ministerin Havliza (CDU) betonte, das Gesetz verbiete das Tragen sämtlicher sichtbarer Symbole oder Kleidungsstücke, die eine religiöse, weltanschauliche oder politische Überzeugung zum Ausdruck bringen. Die zunehmende Vielfalt in der Gesellschaft sei Anlass für die Justiz, auf ihre Neutralität und deren Sichtbarkeit zu achten. Kreuze hingen in Niedersachsen lediglich noch in zwei Gerichten in Vechta und Cloppenburg, und dies aus einem historischen Grund. Während des Nationalsozialismus hätten beide Gerichte sich geweigert, die Kreuze abzuhängen. Wenn Prozessbeteiligte dies dort wünschten, werde darauf eingegangen.
Wie das Justizministerium erklärte, gibt es bislang keine Richterin in Niedersachsen, die ein Kopftuch tragen will. Regelmäßig meldeten sich aber Referendarinnen mit dem Wunsch, auch bei der Tätigkeit im Gerichtssaal ein Kopftuch zu tragen. Dies sei bislang am jeweiligen Ort mit Richtern und Gerichtsleitung diskutiert worden, oft mit dem Ergebnis eines Kopftuchverbots. Eine hessische Rechtsreferendarin klagt gegen das Verbot, ein Kopftuch zu tragen, beim Bundesverfassungsgericht. Eine Entscheidung wird noch in diesem Jahr erwartet.
Sowohl der Landesverband der Muslime in Niedersachsen (Schura) als auch die türkeinahe Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) hatten die Pläne vorab kritisiert. Sie schlössen gezielt muslimische Frauen, die aus religiöser Überzeugung ein Kopftuch tragen, vom Richteramt aus, hatte es geheißen. Die Begründung der Landesregierung, die von der Notwendigkeit einer inneren und auch nach außen sichtbaren Neutralität in der Justiz gesprochen hatte, sei vorgeschoben und überzeuge nicht, hatte die IGMG erklärt.
Unterstützung für das geplante Verbot religiöser Symbole kam indes vom Richterbund. "Niemand, der vor Gericht steht, darf den Eindruck haben, er werde allein wegen seiner Religion oder Weltanschauung benachteiligt oder nicht objektiv beurteilt", sagte der Vorsitzende des niedersächsischen Richterbundes, Frank Bornemann. Er ist auch Richter am Oberlandesgericht in Celle. Die Rechtsprechung sei in besonderer Weise der Neutralität verpflichtet, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Tagesordnung Landtagssitzung