Sachsen-AnhaltGenerationenwechsel beim Justizpersonal läuft

Sachsen-Anhalt hat mehr Richterinnen und Richter eingestellt, um einer Ruhestandswelle an den Gerichten und Staatsanwaltschaften zu begegnen. Wo gibt es Nachholbedarf?
Magdeburg (dpa/sa) - Sachsen-Anhalts Strategie im Umgang mit der Ruhestandswelle bei Richtern und Staatsanwälten geht aus Sicht von Justizministerin Franziska Weidinger auf. Seit 2020 habe das Land mehr als 200 Volljuristen neu eingestellt, sagte die CDU-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur in Magdeburg.
Das Land liege bei den Richterinnen und Richtern derzeit deutlich über dem Bedarf. "Wir haben jetzt schon etwas mehr richterliches Personal da, was dann eingearbeitet ist, wenn die großen Altersabgänge die Gerichte verlassen. Das war das Konzept und das Konzept funktioniert."
Vorsprung vor der Ruhestandswelle
Konkret war Sachsen-Anhalt von der Annahme ausgegangen, dass von den 800 Richtern und Staatsanwälten in den kommenden Jahren im Zuge des Generationswechsels etwa 400 in den Ruhestand gehen. Das Land hatte sich vorgenommen, rechtzeitig für den Übergang zu sorgen und zeitweise auch mehr Personal einzustellen.
"Jetzt haben wir im Prinzip Halbzeit. Und die Hälfte der Fluktuation ist erfreulicherweise nachbesetzt", sagte Weidinger.Nach aktuellen Prognosen rechnet das Ministerium bis 2030 mit 138 Altersabgängen bei Richtern und 45 bei Staatsanwältinnen und Staatsanwälten.
An den Staatsanwaltschaften wird weiteres Personal gebraucht
Größeren Handlungsbedarf sieht die Ministerin bei den Staatsanwaltschaften, wo die Zahl der Verfahren gestiegen sei. Der rechnerische Bedarf liege bei 197 Stellen, derzeit seien 195 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte im Dienst.
Die blanken Zahlen würden aber nicht die gestiegene Arbeitsbelastung in einigen Bereichen darstellen. "Wir wollen einen Puffer aufbauen, damit wir über die Zeit kommen und Belastungen mildern können." Bei den Richterinnen und Richtern sei der Puffer schon da.
Das sagt der Richterbund
Der Vorsitzende des Richterbundes Sachsen-Anhalt, Christian Löffler, widersprach der positiven Einschätzung für die Staatsanwaltschaften. Allein in Magdeburg fehlten rund 25 Prozent der benötigten Staatsanwälte, sagte er. Es müsse nicht betont werden, dass sich dies auf die Strafverfolgung auswirken müsse.
Unterstützung aus anderen Landesteilen sei kaum möglich, da auch dort die Personalsituation angespannt sei. Zudem kritisierte Löffler, dass in Planungen Langzeiterkrankte und abgeordnete Kräfte mitgezählt würden.
Nachwuchs kann Arbeitspensum eines Erfahrenen nicht ersetzen
Die gegenwärtig stattfindende Verjüngung an den Gerichten und in den Staatsanwaltschaften bezeichnete Löffler als wünschenswert. Bei der Personalausstattung dürfe aber nicht unberücksichtigt bleiben, dass junge Kolleginnen und Kollegen zu Beginn ihrer Laufbahn nicht das Arbeitspensum erfahrener Kräfte leisten könnten.
Außerdem fielen altersbedingt viele von ihnen in dieser Zeit durch Schwangerschaft und Elternzeit aus. Ältere seien häufiger krank. Die mittleren Jahrgänge fehlten. Erschwert werde die Nachwuchsgewinnung zusätzlich durch einen Einstellungsstopp, der das Land auf eigene Absolventen beschränke, sagte Löffler.
Das Konzept für den Generationenwechsel werde in allen anderen Justizberufen genauso verfolgt, so Justizministerin Weidinger weiter, sei aber nicht einfach. "Der mittlere Dienst ist sehr schwer nachzubesetzen. Das muss man ehrlich sagen. Das sind die Serviceeinheiten in den Gerichten sowie der Aufsichtsdienst in den Justizvollzugsanstalten." Noch seien die Ausbildungsklassen für die Gerichte und Staatsanwaltschaften voll. Aber es müsse darauf geschaut werden, dass es so bleibt, sagte die Ministerin.