Sachsen-AnhaltStudie: Hälfte der Sachsen-Anhalter "fragile Demokraten"

Die Mehrheit der Sachsen-Anhalter will die Demokratie. Ein großer Teil würde aber nicht für sie einstehen und hält Alternativen für denkbar. Eine Studie zeigt, was den Menschen wichtig ist.
Magdeburg (dpa/sa) - Sie stimmen der Idee der Demokratie zu, können sich aber auch eine Ein-Parteien-Regierung oder einen starken Führer vorstellen: In Sachsen-Anhalt gibt es laut einer Studie einen besonders hohen Anteil sogenannter fragiler Demokraten. Während 43,5 Prozent der Menschen zu den entschiedenen Befürwortern der Demokratie gehören, zählen 54 Prozent zur Gruppe der fragilen Demokraten, wie aus dem Sachsen-Anhalt-Monitor 2025 hervorgeht, den die Landesregierung in Magdeburg vorstellte. Der Monitor wird regelmäßig im Auftrag der Landeszentrale für politische Bildung erstellt.
"Fragile Demokraten sind nicht per se Antidemokraten", sagte Gert Pickel von der Universität Leipzig. Vielmehr seien sie eine Gruppe, die nicht mehr ganz sicher sei. "Es sind diejenigen, die, falls es zu einem Systemumschwung kommt, nicht für die Demokratie einstehen werden", so Pickel. "Es ist eine Gruppe, wo die AfD sehr erfolgreich sein könnte." Es gebe mehr fragile Demokraten unter Bürgern mit formal niedriger Bildung und mit einer rechten politischen Orientierung. Im Vergleich zum Bund gebe es in Sachsen-Anhalt etwas mehr solcher fragilen Demokraten.
Die Studienautoren warnen: "In Ostdeutschland ist die Möglichkeit einer gesellschaftlichen Entwicklung im Sinne einer Aushöhlung der Demokratie oder gar einer Entdemokratisierung spürbar vorhanden."
Hohe Zufriedenheit mit Demokratie
87 Prozent der Befragten sind mit der Demokratie als Staatsform prinzipiell zufrieden, mit dem Funktionieren der Demokratie sind viele jedoch nicht zufrieden. Insgesamt ist das Vertrauen der Menschen in Landtag und Landesregierung höher als in den Bundestag und in die Bundesregierung. Die höchsten Zufriedenheitswerte erhalte die Polizei, knapp vor der Wissenschaft, sagte Pickel.
Die Mehrheit der Menschen im Land wolle in Ruhe und seriös regiert werden, sagte Wissenschaftsminister Armin Willingmann (SPD). Das geringe Vertrauen in Parteien stimme ihn jedoch nachdenklich. Diese seien unverzichtbar für die Demokratie, sagte der SPD-Politiker.
Verbreitete Vorurteile
Eine geschlossen rechtsextreme Einstellung liegt in der Bevölkerung bei einem Anteil von 8,6 Prozent vor. Dieser Anteil sei höher als der, der in Befragungen zuletzt für Ostdeutschland beziehungsweise Deutschland ermittelt worden sei, heißt es in der Studie.
Außerdem existieren gruppenbezogene Vorurteile. So finden "ausländerfeindliche Aussagen" teils deutliche Zustimmung. 52 Prozent halten den Islam für rückständig. 81 Prozent sind überzeugt, Langzeitarbeitslose nutzten das System aus.
Optimistisch mit Blick auf die eigene Zukunft - Furcht vor Krieg
60 Prozent der Befragten sehen ihre persönliche Zukunft positiv. Nur 17 Prozent aber schätzen die Zukunft des Landes positiv ein. 83 Prozent befürchten, künftig nicht mehr in Frieden leben zu können.
Als wichtigste Herausforderungen werden laut Katrin Reimer-Gordinskaya vom Institut für demokratische Kultur an der Hochschule Magdeburg-Stendal etwa Strukturprobleme wie Infrastruktur, Mobilität und soziale Gerechtigkeit benannt.
Infrastrukturministerin Lydia Hüskens sagte, die Menschen erwarteten, dass der Staat funktioniere. Das Rezept laute: "Fehler finden, abstellen." Zudem wollten die Menschen von der Politik gehört werden, sagte Hüskens.
Mit dem Leben in Sachsen-Anhalt zufrieden
90 Prozent der Befragten gaben an, dass sie mit dem Leben in Sachsen-Anhalt zufrieden oder sehr zufrieden seien. Die Menschen schätzen die ländliche und kleinstädtische Struktur, das soziale Miteinander und den regionalen Zusammenhalt. Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) betonte mit Blick auf die AfD, die Studienergebnisse seien ein schlechtes Ergebnis für all jene, die immer wieder sagten, wie schlecht es Sachsen-Anhalt gehe.
"Die Identifikation mit dem Land ist gestiegen", sagte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Insbesondere spiele die Identifikation mit Ostdeutschland eine hohe Rolle. 62 Prozent der Befragten empfinden weiterhin eine Benachteiligung ostdeutscher Lebensläufe.
Von Mai bis Juli wurden 1.101 Personen telefonisch und online in Sachsen-Anhalt befragt.