ThüringenCorona-Kontaktnachverfolgung: Digitaler Adapter soll helfen

Um die Corona-Kontaktnachverfolgung für Gesundheitsämter effektiver zu machen, hat sich Thüringen um digitale Unterstützung bemüht. Der Ansatz birgt aber auch Diskussionspotenzial.
Erfurt (dpa/th) - Um Gesundheitsämtern die Nachverfolgung von Corona-Fällen zu erleichtern, hat Thüringen jüngst den Zuschlag für eine digitale Übermittlungslösung für Kontaktdaten vergeben. Die Dabei handle es sich um eine Art digitale Brücke, teilte das Finanzministerium am Freitag mit, das für die kürzlich abgeschlossene Vergabe zuständig ist. Etwa 400 000 Euro werden dafür in die Hand genommen.
Das "Gateway" soll etwa einzelne Apps zur Kontakterfassung mit dem sogenannten Sormas-Programm verbinden. Das nutzen die Gesundheitsämter zur Kontaktnachverfolgung. So könnten Kontaktdaten falls nötig effektiver übertragen werden. "Wir wollen Menschen schneller warnen und damit die Gefahr weiterer Ansteckungen eindämmen", sagte Finanzstaatssekretär Hartmut Schubert.
"Egal, für welche Lösung sich private oder öffentliche Einrichtungen, etwa Gaststätten oder Museen, entscheiden, das Gateway dient als digitale Brücke zwischen Gesundheitsämtern und App-Betreibern", so Schubert. Erfahrungen der Gesundheitsämter zeigten: Fallen händische Übertragungsprozesse weg, wird die Kontaktnachverfolgungsarbeit schneller, hieß es aus dem Finanzministerium.
Vielerorts sollen Besucher, Gäste und Kunden Zettel ausfüllen, mit denen sie ihre Kontaktdaten hinterlegen. Sollte ein Corona-Fall bekannt werden, können die Gesundheitsämter dann auf die Angaben zurückgreifen und Betroffene informieren. Diese Zettelwirtschaft kostet allerdings Zeit.
Auch mit verschiedenen Apps zur Kontaktnachverfolgung geht jedoch laut dem Finanzressort im Moment noch Zeit verloren. Es spricht von einem "Medienbruch" bei der Übermittlung, den die neue Schnittstelle überbrücke. "Wir laden die Anbieter der mehr als 50 deutschlandweit bestehenden Lösungen zur Kontaktdatenerfassung ein, ihre Anwendungen an das Gateway anzubinden", erklärte Schubert.
Gleichzeitig betonte der Staatssekretär, dass geprüft werden müsse, wann eine Erhebung von Daten überhaupt sinnvoll ist. "Meiner Ansicht nach könnte in Einrichtungen unter freiem Himmel wie botanischen Gärten und Zoos oder auch Biergärten auf die Verpflichtung zur Kontaktdatenerfassung verzichtet werden, wenn ein Corona-Hygiene-Schutzkonzept vorliegt." Ein Verzicht sei auch bei Groß- und Einzelhandelsgeschäften denkbar.
Für Lokalitäten, die keiner Verpflichtung zur Kontaktdatenerfassung unterliegen, halte er aber die Empfehlung zum Einsatz der Corona-Warn-App für sinnvoll, sagte Schubert. Das gelte auch für private Zusammenkünfte. Die Kontaktdatenerfassung in Lokalitäten mit höherem Infektionsrisiko müsse dagegen verpflichtend stärker detailliert werden, etwa anhand der Tischnummern in Gaststätten.
Spätestens ab Mitte Juni soll die Schnittstelle einsatzbereit sein, wie eine Ministeriumssprecherin sagte. Den Zuschlag im Vergabeverfahren erhielt die Björn Steiger Stiftung. Sie arbeitet bei der "IRIS" genannten Schnittstelle mit dem Innovationsbund Öffentliche Gesundheit zusammen. Der Vertrag mit der Stiftung sei auf ein Jahr befristet. Das habe vergaberechtliche Gründe, erklärte die Sprecherin.
Die CDU-Landtagsfraktion kritisierte, die Digitalisierung der Kontaktnachverfolgung erfolge "im Schneckentempo". "Während fast alle anderen Bundesländer Apps wie "Luca" längst nutzten, bastle Thüringen noch an den Schnittstellen", sagte der Fraktionsvorsitzende Mario Voigt laut einer Mitteilung von Freitag. Öffnungsperspektiven für viele Bereiche der Wirtschaft und des öffentlichen Lebens würden so ausgebremst.
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