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Thüringen Verein sieht wachsenden Bedarf an Männerschutzwohnungen

(Foto: Daniel Karmann/dpa/Archivbild)

Für Männer, die in der Familie oder Beziehung Gewalt erfahren, gibt es derzeit keine geschützten Unterkünfte in Thüringen. Diese sind nach Ansicht von Beratern aber bitter nötig.

Jena/Erfurt (dpa/th) - Das Land Thüringen steht der Forderung nach Schutzwohnungen für männliche Opfer von häuslicher Gewalt offen gegenüber. "Ich denke, dass es Schutzunterkünfte für Männer perspektivisch auch in Thüringen geben muss", sagte die Thüringer Gleichstellungsbeauftragte Gabi Ohler der Deutschen Presse-Agentur. Allerdings brauche es dafür einen Vorlauf. Derzeit werde vom Männerschutzprojekt A4 ein Konzept erarbeitet, in dem unter anderem der Beratungs- und Betreuungsbedarf definiert werde.

Die Analyse solle bis Jahresende vorliegen. "Danach müssen wir über die Finanzierung reden und eine Kommune finden, die das macht", sagte Ohler. In Thüringen fallen derzeit Schutzunterkünfte etwa für Frauen oder für Obdachlose in kommunale Zuständigkeit. Das Männerschutzprojekt A4 in Jena sieht eine steigende Nachfrage nach Schutzunterkünften für Männer, die Opfer von Gewalt in der Beziehung oder Familie geworden sind.

Im vergangenen Jahr hätten sich neun Männer wegen einer sicheren Unterkunft an die Jenaer Berater gewandt, sagte Projektmitarbeiterin Constance Kühn. Die Jahre zuvor seien es nur zwei bis drei Anfragen gewesen. Die Zahl derer, die auf der Suche seien, ist laut Kühn jedoch weitaus größer. Nicht alle würden sich zwangsläufig bei A4 melden, da das Projekt nur Beratung anbiete.

Die Bundesfach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz geht von einem Bedarf von bis zu fünf Schutzwohnungen pro Bundesland aus. "Aufgrund fehlender Schutzunterkünfte in Thüringen können wir die Betroffenen momentan nur nach Sachsen vermitteln", sagte Kühn. Für die meisten sei eine vorübergehende Unterkunft in einem anderen Bundesland aber unzumutbar, da sie etwa mit Arbeit und Sorgerecht für Kinder ihren Lebensmittelpunkt in Thüringen hätten.

Im vergangenen Jahr wurden laut Kühn 50 Männer mit familiären Gewalterfahrungen beraten. Das reiche von Beleidigungen, Herabwürdigungen, extremen Beschimpfungen oder einem starken Kontrollverhalten und Eifersucht der Partnerin bis zur körperlichen Gewalt. "Das Thema Gewalt in der Familie ist bei beiden Geschlechtern sehr schambesetzt, bei Männern kommt noch ein gesellschaftliches Stigma hinzu", sagte Kühn.

Das Projekt A4 für männliche Gewaltopfer wurde 2017 ins Leben gerufen. Träger ist der Verein "Vereint gegen Gewalt". Laut Polizei wurden im Jahr 2019 in Thüringen 2311 Opfer von häuslicher Gewalt im Alter von 18 bis 59 Jahren verzeichnet. Davon waren 1774 Frauen und 537 Männer. Im vergangenen Jahr gab es den Angaben zufolge 2604 Fälle von Gewalt in der Familie.

© dpa-infocom, dpa:210406-99-95736/2

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