Reise

Ein Fürst und seine Zeit Auf Pücklers Spuren

Panoramablick vom Pücklerstein in Polen über die Neiße auf das Neue Schloss, das im Hintergrund rötlich schimmert.

Panoramablick vom Pücklerstein in Polen über die Neiße auf das Neue Schloss, das im Hintergrund rötlich schimmert.

(Foto: Stiftung "Fürst-Pückler-Park Bad Muskau"/Astrid Roscher)

Der Dandy, der Weltenbummler, das Gartenbaugenie. Der Mann, der Amerika nie erreichte, weil er zu einem Duell musste. Eine Dauerausstellung feiert Fürst Hermann von Pückler-Muskau.

„Einfach nicht zu fassen!“ Dies mag auf den ersten Blick eine untypische Charakterisierung für einen Fürsten und Standesherrn sein. Doch auf diesen hier, auf diesen passt sie ganz genau.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Er ist der jugendliche Herumtreiber, der ganz Europa bereist, auf der Suche nach Abenteuern und Herausforderungen. Der Dandy und Casanova, der sich auf allerlei amouröse Abenteuer und Flirts einlässt, mit nicht standesgemäßen Schauspielerinnen und Tänzerinnen, aber auch mit seiner englischen Übersetzerin. Er ist der Abenteurer, der in England seine Überfahrt in das noch junge Amerika verpasst, weil er zu einem Duell muss.

Scheidung von der geliebten Frau

Der Weltreisende, der aus Nordafrika eine vermutlich 12-jährige Sklavin – Machbuba – mit in die Lausitzer Heimat bringt, die das raue nordeuropäische Klima jedoch nicht lange überlebt. Schließlich der Landschaftsgestalter, dessen theoretische Werke noch heute gedruckt werden und zur Grundlagenliteratur gehören. Der Gartenarchitekt, der mit seinen idealistischen Vorhaben das Familienvermögen aufbraucht und das seiner Frau dazu.

Ein gelungener Einstieg: Ein Bänkelsänger erzählt die Geschichte der Familie Pückler.

Ein gelungener Einstieg: Ein Bänkelsänger erzählt die Geschichte der Familie Pückler.

(Foto: kocmoc.net/Matthias Knoch)

Er ist der liberale Geist, der sich von seiner geliebten Frau Lucie von Hardenberg scheiden lässt, um eine reiche neue zu finden, die ihm seine Gartenprojekte finanziert. Der Glücklose, der keine neue Frau findet, aber dessen innige Briefe an Lucie ihm vor dem Bankrott retten – als Buch werden sie zum vieldiskutierten Bestseller. Schließlich der hochgeachtete Freiherr, der endlich auch die ersehnte Anerkennung durch das preußische Königshaus erhält und der deutsche Patriot, der das neue deutsche Kaiserreich nur wenige Wochen erlebt.

Er ist einfach nicht zu fassen, dieser Fürst Hermann Ludwig Heinrich von Pückler-Muskau. Umso mutiger die Entscheidung der Stiftung „Fürst-Pückler-Park Bad Muskau“, ihm und seinem Werk eine Dauerausstellung im Neuen Schloss Bad Muskau, dem Geburtsort Pücklers in Ostsachsen, zu widmen. Ein Schritt, der jedoch auf ganzer Linie gelungen ist. Inmitten des 2004 zum Weltkulturerbe ernannten Parks wird keine dröge Geschichtsstunde geboten, sondern eine spannende, abwechslungsreiche und – ganz im Sinne des Fürsten – nicht ironie- und humorfreie Schau. Viel Phantasie und Kreativität ergänzen dabei die verständlicherweise wenigen bildlichen Darstellungen des Fürsten.

Liebesbrief-o-mat mit Wollust-Faktor

Wollust, Abschied, Dankbarkeit - hier bekommt man einen eigenen Liebesbrief vom Fürsten höchstselbst.

Wollust, Abschied, Dankbarkeit - hier bekommt man einen eigenen Liebesbrief vom Fürsten höchstselbst.

(Foto: kocmoc.net/Andreas Matthes)

Da ist zum Beispiel die Moritat zu Beginn, die augenzwinkernd die Familiengeschichte Pücklers erzählt, inklusive der Eheanbahnung zwischen seinem Vater und Clementine von Callenberg, durch deren Erbe Pückler junior zur Standesherrschaft Muskau gelangt, der größten deutschen Standesherrschaft. Es folgen die Stationen seiner jugendlichen Europareise, auf der Pückler seine Liebe zum Gartenbau entdeckt. Auf der aber auch einige der vielen – auch vom Fürsten selbst kolportierten – Pückler-Anekdoten entstehen, deren Wahrheitsgehalt die Ausstellung ebenfalls ironisch kommentiert. "Bei mir heißt es nicht: Was werden die Leute davon sagen? Sondern: Werden auch die Leute etwas davon sagen?", wird der Fürst zitiert.

Ein anderes anekdotenreiches Kapitel – Pückler und die Frauen – wird durch einen weiteren Höhepunkt gekrönt. Der Liebesbrief-o-mat spuckt – je nach selbst zu wählendem Geschlecht, Grad der Wollust und Anliegen wie Dankbarkeit oder Abschied – einen Brief aus der Feder Pücklers aus. Die Auswahl der Passagen dürfte schwergefallen sein, schließlich gibt es sicher mehrere hundert der Liebesschwüre – Pückler sah sich schließlich gezwungen, sie alphabetisch zu ordnen.

Idee und Wirklichkeit vergleichen

Die Abwechslung und Ideenvielfalt kennt keine Grenze: Ein auf große Leinwände projizierter Film zeigt die Gesprächskultur der Salons des 19. Jahrhunderts, ein authentisch gestalteter Raum gibt Einblick in Pücklers Arbeitszimmer, Animationen, Folianten und interaktive Zeittafeln zeichnen die Entwicklung des Parks nach.

Mit automatischen Wagen fährt man symbolisch durch eine Idee - kommentiert nach Pücklers eigenen Worten.

Mit automatischen Wagen fährt man symbolisch durch eine Idee - kommentiert nach Pücklers eigenen Worten.

(Foto: kocmoc.net/Andreas Matthes)

Ein weiterer Höhepunkt wartet am Ende der Ausstellung: eine liebevoll erdachte und phantasievoll umgesetzte Fahrt durch Pücklers Gartenkunst. Auf großen Tafeln werden Seiten aus seinen „Andeutungen über Landschaftsgärtnerei“ und Motive aus dem Muskauer Park abgebildet. Mit kleinen automatischen Wagen durchfährt man diese Vision eines perfekten, künstlichen und doch natürlichen wirkenden Gartens, der in der Realität jedoch unvollendet blieb. Und eine Stimme erklärt, was Pückler mit seinem Werk anstrebte. Ein gebührender Abschluss für eine mehr als gelungene Ausstellung.

Einladung zur Radtour

Sicher, einige angeschnittene Aspekte aus dem Leben des Fürsten könnten noch etwas genauer veranschaulicht werden. So etwa Pücklers Verhältnis zu seinen Zeitgenossen – Goethe, Humboldt, Heine, Schinkel. Oder auch die historische Umstände, denen sich Pückler ausgesetzt sah, schließlich war der 1785 geborene und 1871 gestorbene Standesherr ein fortschrittlicher Geist in einer restaurativen Phase der deutschen Geschichte.

Der Blick aus Pücklers Arbeitszimmer in den Park - eine Einladung zum Spaziergang.

Der Blick aus Pücklers Arbeitszimmer in den Park - eine Einladung zum Spaziergang.

(Foto: kocmoc.net/Andreas Matthes)

Doch diese kleinen Lücken werden durch den größten Pluspunkt der Schau aufgewogen: Bereits von den Ausstellungsräumen und von einem Turmbalkon aus kann man mit einem Blick ins Grüne Pücklers Idee mit der heutigen Park-Wirklichkeit vergleichen. Schließlich beginnt gleich hinter dem Schloss der 750 Hektar große Park, wie er in den letzten Jahren sowohl auf deutscher als auch auf polnischer Seite nach den Vorstellungen Pücklers wieder hergestellt wurde. Er lädt nach dem Ausstellungsbesuch zu ausgedehnten Spaziergängen oder Fahrradtouren ein, vor allem seit eine simple Fußgängerbrücke die Parkteile beider Länder wieder miteinander verbindet. Auf den Spuren des Fürsten, der einfach nicht zu fassen ist.

https://www.muskauer-park.de/

Quelle: ntv.de

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