Reise

Flutgraben in Berlin Ungewöhnlicher Mauer-Ort

Mit der Themenführung "Die Mauer neu entdecken" macht der Verein Grenzläufte e.V. ab September 2009 einen ungewöhnlichen Mauerort zugänglich: Das Atelierhaus am Flutgraben in Berlin-Treptow ist das einzige Ost-Berliner Grenzhaus, das den Auf- und Ausbau der Sperranlagen, die die Stadt 28 Jahre lang teilten, überdauert hat.

Das ehemalige Werkstattgebäude am Flutgraben vom Kreuzberger Ufer aus.

Das ehemalige Werkstattgebäude am Flutgraben vom Kreuzberger Ufer aus.

(Foto: Grenzläufte e.V./Thomas Bruns)

Unmittelbar an den Nachbarbezirk Kreuzberg angrenzend, gehörte es zu einer volkseigenen Reparaturwerkstatt für Busse und LKWs (VEB OLW, Omnibus- und Lastkraftwagen-Reparaturwerk), die durch den Mauerbau zum Grenzbetrieb wurde. Damit einher gingen jahrzehntelange Abschottung und Bewachung, wie zahlreiche Spuren im Gebäude bis heute bezeugen.

"Morgen wird restlos dicht gemacht"

Als die DDR-Führung die Sektorengrenze am 13. August 1961 abriegeln ließ, kam es auf dem Betriebsgelände am Flutgraben zu dramatischen Fluchtszenen. Doch die Ost-Berliner Machthaber reagierten prompt. "Vom Gelände des VEB OLW erfolgten (...) 3 und in den Morgenstunden 2 geglückte Fluchten durch den angrenzenden Flutgraben. Morgen wird an dieser Stelle restlos dicht gemacht", heißt es in einem SED-Bericht aus jenen Tagen.

In den folgenden Wochen und Monaten habe sich ihr Arbeitsplatz in eine Art "Hochsicherheitstrakt" verwandelt, sagen ehemalige Betriebsangehörige Grenzsoldaten und Betriebsangehörige passierten fortan dasselbe Werkstor.

Postenweg der DDR-Grenztruppen auf dem Dach.

Postenweg der DDR-Grenztruppen auf dem Dach.

(Foto: Grenzläufte e.V.)

Während die einen die Grenze bewachten und zuletzt sogar auf dem Dach des Werkstattgebäudes am Flutgraben Patrouille liefen, gingen die anderen in den Stockwerken darunter ihrer Arbeit nach. Im Unterschied zum Grenzstreifen, der sich andernorts mit seinen Mauern, Wachtürmen, Hundelaufanlagen und Sperrelementen wie eine breite Schneise auf Ost-Berliner Seite durch die Stadt zog, war man hier nur durch eine Fassade vom Westteil der Stadt getrennt.

Grenzer-Inschriften und Resten von Signalanlagen

Die Themenführung setzt bei den Spuren an, die das DDR-Grenzregime an diesem Ort hinterlassen hat. Der moderierte Rundgang führt an verbarrikadierten Fenstern, Grenzer-Inschriften und Resten von Signalanlagen entlang bis auf das 20 Meter hohe Dach mit Blick über Spree und Osthafen, das den DDR-Grenztruppen als Postenpunkt diente.

Inschrift von Grenzsoldaten auf dem Dachboden.

Inschrift von Grenzsoldaten auf dem Dachboden.

(Foto: Grenzläufte e.V./Thomas Bruns)

Fotos, Dokumente und Tonaufnahmen zeigen, wie die Betriebsangehörigen überwacht wurden und dennoch manche Flucht gelang.

Begleitend erscheint als Ergebnis zahlreicher Zeitzeugeninterviews und umfassender Archivrecherchen das Buch "Spurensuche im Mauerland. Ein Grenzbetrieb am Berliner Flutgraben". Mit dem deutsch-englischen Faltplan "Mapping the Wall | Grenzspuren am Flutgraben", der das Führungsangebot ergänzt, lassen sich die Relikte der Sperranlagen in der Umgebung auf eigene Faust erkunden.

Quelle: ntv.de, abe/Grenzläufte e.V.

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen