Fußball-WM 2018

Nach Massaker nun um Platz drei Für Brasilien ist die WM längst vorbei

Brasilien will die WM nur noch irgendwie zuende bringen.

Brasilien will die WM nur noch irgendwie zuende bringen.

(Foto: dpa)

Nach dem Debakel gegen Deutschland müssen Brasiliens Fußballspieler heute zum Spiel um Platz drei gegen die Niederlande antreten. Ein versöhnlicher Abschluss für die gedemütigte Seleção scheint unwahrscheinlich - zumal die Spieler keine Lust haben.

Brasilien - Niederlande 22.00 Uhr

Brasilien Brasilien: Cesar - Maicon, Luiz, Silva, Maxwell - Gustavo, Paulinho - Ramires, Oscar, Willian - Jo
Niederlande Niederlande: Cillessen - de Vrij, Vlaar, Martins Indi - Kujt, Clasie, Wijnaldum, Blind - Sneijder - Robben, van Persie
Schiedsrichter: Haimoudi (Algerien)

Trist ist es dieser Tage in Rio de Janeiro. Der Regen hat den Dreck durch die Straßen der Stadt gespült, die Straßenhändler bedecken ihre Stände mit Plastikplanen und die grün-gelben Wimpel an den Kiosken hängen nass herab. Und als wäre das alles nicht trostlos genug, sind jetzt auch noch die ungebetenen Gäste aus Argentinien da. Sie ziehen in Weiß und Himmelblau zur Copacabana, tanzen dort im nassen Sand, zählen bis sieben und singen ihr Lied, das mit der Zeile endet, ihr Maradona sei ein größerer Fußballspieler als Pelé. Die wenigen Cariocas, wie sich die Bewohner Rios nennen, gehen vorbei und schweigen. Für sie ist diese Weltmeisterschaft vorbei. Am Sonntag findet ab 21 Uhr im Maracanã das wichtigste Fußballspiel der Welt statt - und Brasilien, der Rekordweltmeister, ist nicht dabei.

Stattdessen muss die Seleção nach dem historischen 1:7-Debakel gegen Deutschland im Halbfinale heute (ab 22 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) in der Hauptstadt Brasilia gegen die Niederlande um die Goldene Ananas spielen. Auch wenn es offiziell darum geht, wer bei dieser WM den dritten Platz belegt, nennen nur Schönfärber diese Partie das kleine Finale. Die Holländer haben ihre Abneigung gegen dieses Treffen der Verlierer zur Genüge kundgetan, gleich nachdem sie in Sao Paulo den Argentiniern im Elfmeterschießen unterlegen waren. Und auch in Brasilien braucht diese Veranstaltung kein Mensch.

Sommermärchen kommt nicht in die Tüte

Die Deutschen hatten es 2006 geschafft, das Halbfinale gegen Italien zu verlieren und trotzdem aus der Partie um Platz drei ein Fest zu machen, in Stuttgart die Mannschaft aus Portugal mit 3:1 zu schlagen und die ganze WM als Sommermärchen zu präsentieren. Für die Brasilianer kommt das nicht infrage, dafür ist beim 1:7 gegen die DFB-Elf in der Arena Mineirão zu Belo Horizonte zu viel kaputtgegangen. "O massacre do Mineirão" nennen sie diese Demütigung. Die Zeitung "Estado de Minas" schrieb: "Das Mineirão ist Bühne für eine historische Schande. Die Seleção erlebt das größte Massaker in seiner Historie."

Auch die Spieler scheinen nicht sonderlich motiviert. "Mich interessiert der erste Platz, und wenn es nicht der erste ist, dann ist mir alles andere egal", sagte Dani Alves. "Es ist schwierig, sich auch emotional auf dieses Spiel einzustimmen. Ich habe immer betont, dass wir nur ein einziges Ziel haben, den Titel. Zweiter, Dritter, Vierter, das ist uns egal", erklärte Kapitän Thiago Silva. Außenverteidiger Marcelo brachte die Stimmung auf den Punkt: "Für Brasilien hat der dritte Platz praktisch keinen Wert."

"Wir haben versagt"

Natürlich könnte jemand auf die Idee kommen, dass es um einen würdigen Abschied gehen könnte. Einmal noch ordentlich Fußball spielen, und dann ist der Spuk ja auch vorbei. Aber ob sich diese offensichtlich gebrochene Mannschaft heute im Estadio Nacional dazu aufraffen kann, scheint mehr als fraglich. Neymar, der verletzte Hoffnungsträger, will zwar anreisen und hatte einen guten Tipp für seine Kollegen. Sie sollten die Partie gegen die Niederlande "wie ein Endspiel angehen und diese WM lächelnd beenden". Er sagte aber auch: "Wir haben Fehler begangen und zu wünschen übrig gelassen. Wir haben versagt."

Für Luiz Felipe Scolari ist es wohl das letzte Spiel als Nationaltrainer, sein Vertrag läuft mit dem Ende dieser Weltmeisterschaft aus, die für Brasilien längst vorbei ist. Vor dem Spiel heute gab er sich als Schönfärber: "Unser erstes Ziel war es, bis ins Finale zu kommen. Das haben wir nicht geschafft. Jetzt spielen wir nur noch um einen viel kleineren Traum." Diese Einschätzung dürfte er exklusiv haben. Und an der Copacabana werden die Argentinier auch heute wieder genüsslich bis sieben zählen: "Uno! Dos! Tres! Cuatro! Cinco! Seis! Siete!"

Quelle: ntv.de

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